© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/19 / 12. Juli 2019

Abmeldung der Woche
Unbekannt verzogen
Björn Harms

Hoppegarten, eine kleine Gemeinde östlich von Berlin, wählt am 1. September einen neuen Bürgermeister. Auch SPD-Lokalpolitiker Volkmar Seidel wäre gerne angetreten – darf aber nicht. Als er sich Mitte Juni die Wählbarkeitsbescheinigung abholen wollte, eigentlich eine reine Formsache, staunte er nicht schlecht. Die zuständige Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamts lehnte sein Ansinnen ab – „auf Anweisung des Bürgermeisters Herrn Knobbe“. Begründung: Seidel habe eine „Scheinadresse“ angegeben. Die Zählerstände des Jahres 2018 hätten darauf hingewiesen, daß eine Wohnnutzung nicht stattfindet. Die Daten habe sich Linken-Politiker Knobbe von der Hausverwaltung geben lassen. Da die Wohnung der Gemeinde gehöre, „haben wir darauf Zugriff“, erklärte dieser und ließ Seidel kurzerhand aus dem Melderegister streichen.  „Unbekannt verzogen“, hieß es dort nun. Um als Bürgermeister zu kandidieren, ist eine Meldebescheinigung aber zwingend erforderlich. Seidel vermutet eine Intrige seines Konkurrenten. Zwar sei er wenig zu Hause, aber es könne doch nicht sein, „daß ein Bürgermeister willkürlich Menschen abmeldet und damit auch noch durchkommt“, beklagte er gegenüber dem RBB. Reagieren konnte er jedenfalls nicht mehr. Sieben Tage lang galt er als wohnungslos, die Frist zur Einreichung der Kandidatur verstrich. Nun will Seidel Anzeige erstatten.