© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/19 / 12. Juli 2019

Zeuge in eigener Sache
Raumfahrt: Was ist dran an den Verschwörungstheorien rund um die Mondlandung?
Thomas Schäfer

Wenn kritische Geister nicht an die offiziellen Verlautbarungen über den Ablauf eines historischen Ereignisses glauben wollen, werden sie schnell als „Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkt. Erstmals geschah dies in großem Stil nach der Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy im November 1963: Weil immer mehr Menschen an der Einzeltäterthese des Warren-Reports zweifelten, kreierte die CIA Anfang 1967 den bewußt negativ konnotierten Begriff „Verschwörungstheorie“, um jeden, der sich seine eigenen Gedanken über das Attentat machte, als unseriöses oder gar subversives Element hinzustellen.

Ähnliches widerfuhr dann auch denen, welche die Frage aufwarfen, ob es bei den Mondlandungen im Rahmen des „Apollo“-Projekts tatsächlich mit rechten Dingen zugegangen sei oder hier eher eine gigantische Täuschung der Öffentlichkeit vorliege.

Für viele Phänomene gibt es plausible Erklärungen

Den Anfang machte der ehemalige Mitarbeiter des US-Raketenherstellers Rocketdyne, Bill Kaysing. Der veröffentlichte 1974 – da war der letzte bemannte Flug zum Mond noch keine zwei Jahre her – ein Buch mit dem Titel „Wir waren niemals auf dem Mond: Amerikas 30-Milliarden-Dollar-Schwindel“. Die darin geäußerten Zweifel an der Authentizität der Mondlandungen griff dann 1992 Ralph René in „Nasa mooned America“ (sinngemäß: Die Nasa verarschte Amerika) auf. Dem folgte 1999 das Erscheinen von „Dark Moon“ von Mary Bennett und David Percy – darin findet sich eine besonders sorgfältige Analyse der Ungereimtheiten im Rahmen des Projektes „Apollo“.

Größere Kreise zog aber freilich erst die Fernsehdokumentation „Conspiracy Theory: Did We Land on the Moon?“, die Anfang 2001 vom US-Sender Fox ausgestrahlt wurde. Danach ergaben Meinungsumfragen, daß ein Drittel der Amerikaner nicht mehr daran glaubte, daß jemals Astronauten zum Mond geflogen seien. In der Bundesrepublik brachte kurz darauf auch das Polit-Magazin „Spiegel TV“ von RTL den Beitrag, bevor am 11. Oktober 2002 im WDR eine ähnlich skeptische Dokumentation namens „Die Akte Apollo – Auf den Spuren der Mondlandung“ von Willy Brunner und Gerhard Wisnewski lief. Der letztere schob hierzu 2005 außerdem noch ein Buch mit dem Titel „Lügen im Weltraum. Von der Mondlandung zur Weltherrschaft“ nach, das im April 2019 seine aktualisierte zweite Auflage erlebte.

Für die „Verschwörungstheoretiker“ steht fest, daß dem von Januar 1969 bis August 1974 amtierenden US-Präsidenten Richard Nixon, der nicht umsonst „Tricky Dick“ (Verschlagener Richard) genannt wurde und am Ende wegen des Watergate-Skandals aus dem Amt scheiden mußte, ohne weiteres zuzutrauen sei, mit einem gigantischen propagandistischen Coup von den Problemen Amerikas abzulenken. Zur Erinnerung: Die USA standen zu dem Zeitpunkt, zu dem die „Apollo“-Missionen stattfanden, vor einer Vielzahl von Problemen und Herausforderungen. Die Sowjetunion und China trumpften außenpolitisch immer stärker auf, der Vietnamkrieg eskalierte kontinuierlich weiter – genau wie der Widerstand der Amerikaner dagegen, die Inflation hatte beunruhigende Ausmaße angenommen, und es drohte ein Wiederaufflammen der schweren Rassenunruhen vom Vorjahr.  

Vor diesem Hintergrund sollen – so die Zweifler an der offiziellen Version – CIA-Mitarbeiter in den Trainingsanlagen der Nasa oder den Hangars der Norton Air Force Base in San Bernardino sämtliche Mondflüge beziehungsweise Landungen von „Apollo 8“ bis „Apollo 17“ – also in den Jahren 1968 bis 1972 – simuliert haben, um den nationalen Zusammenhalt zu stärken und die Reputation der Vereinigten Staaten in der Welt zu erhöhen. Als Beweis für ihre Behauptungen führen die „Verschwörungstheoretiker“ eine Reihe von Belegen an, welche sich in zwei Kategorien einordnen lassen: nicht stichhaltige, die mittlerweile als widerlegt gelten können, und momentan noch stichhaltig erscheinende, bei denen die Nasa bisher den Beweis dafür schuldig blieb, daß die Argumente ihrer Kritiker ins Leere gehen.

Kein Beweis für „Mondlandungen im Filmstudio“ sind unter anderem die folgenden immer wieder zur Sprache gebrachten Phänomene: angeblich im Luftzug wehende US-Flaggen, „kulissenhaft“ wirkende Mondberge, fehlende Sterne auf den Fotos der Astronauten, nicht parallel verlaufende Schatten auf dem Mond, welche angeblich auf mehrere Lichtquellen hindeuten, die Abwesenheit von Mondstaub, nicht im Funkverkehr zu hörende Triebwerksgeräusche der Landefähre sowie viele weitere Ungereimtheiten bei den Aufnahmen, die im Laufe der Mondspaziergänge entstanden sein sollen. Für all das gibt es plausible physikalische oder andere Erklärungen. Wie zum Beispiel Komprimierungsartefakte infolge der Umwandlung der Originalfotos in das heute zumeist verwendete JPG-Dateiformat.

Hingegen bleiben fünf Umstände mysteriös. Zum ersten macht die Mondlandefähre einen extrem provisorischen Eindruck, und die meisten Flüge mit der Trainingsversion des Lunar Moduls auf der Erde mißlangen komplett. Trotzdem soll das fragile Gefährt dann im All neun Mal hintereinander wie ein Uhrwerk funktioniert haben.

Zum zweiten fanden sich in den angeblich steril verpackten Proben vom „Mondgestein“ zahlreiche dubiose Beimengungen wie Plastik-, Nylon- und Teflonteile sowie irdisches Kleingetier. Außerdem wurden einige der „exklusiven Mondminerale“ wie das Tranquillityit später auch auf der Erde nachgewiesen. Stutzig macht darüber hinaus, daß der „Brocken von unserem Erdtrabanten“, den der US-Botschafter William Middendorf 1969 dem Amsterdamer Rijksmuseum zum Geschenk machte, offensichtlich nur der Rest eines versteinerten Baumes war, wie niederländische Geologen 2009 feststellten.

Ein kleiner Kreis Eingeweihter hätte genügt

Zum dritten erlitten die Astronauten keine körperlichen Schäden, obwohl sie bei ihren Flügen zum Mond wegen der damals stark erhöhten Sonnenaktivität erheblicher radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen sein mußten. Reichten die dünnen Wandungen der Raumfahrzeuge tatsächlich aus, um die Männer vor Dosen von bis zu 10 Sievert pro Stunde zu schützen, die gemeinhin als tödlich gelten?

Und zum vierten: Wie konnten die 45 Originalbänder mit den Video-Aufnahmen der „Apollo 11“-Landung spurlos verschwinden, weshalb die Nasa nun auf Kopien zurückgreifen muß, die zudem auch noch digital nachbearbeitet wurden? Noch seltsamer mutet da nur der Umstand Nummer fünf an, daß keinerlei zuverlässige Koordinaten der „Apollo“-Landeplätze vorliegen. 

Auf diese Merkwürdigkeiten einzugehen, hat die US-Weltraumbehörde bis heute versäumt. Stattdessen führt sie permanent zwei angebliche Beweise für die Authentizität der Mondlandungen an: auf dem Erdtrabanten installierte Laser-Reflektoren, die noch heute jeden auf sie gerichteten Strahl zurückwerfen, und all die sichtbaren größeren Überbleibsel der „Apollo“-Missionen wie Landestufen und Mondfahrzeuge. 

Allerdings verhält es sich im ersteren Falle so, daß keineswegs geklärt ist, ob die wenigen Photonen aus einem zum Mond gesandten Laserstrahl, welche wieder beim Empfänger auf der Erde ankommen, tatsächlich reflektierte Teilchen sind oder nicht doch aus ganz anderen Quellen stammen.

Im zweiteren Fall scheint die Beweislage besser zu sein: Zwischen 2009 und 2012 fotografierte die Nasa-Mondsonde „Lunar Reconnaissance Orbiter“ (LRO) die Oberfläche unseres Erdtrabanten aus einer Höhe von lediglich 24 bis 50 Kilometern. Dabei gelangen auch Schnappschüsse der „Apollo“-Landestellen, auf denen neben der zurückgelassenen Technik sogar die Fußabdrücke der Astronauten und die Spuren ihrer Fahrzeuge zu erkennen sein sollen.

Andererseits gibt es auch hier Details, die stutzig machen. Wieso zeigen die Bilder jetzt doch aufgewirbelten Staub von den Triebwerken der Landestufen, obwohl es diesen ja angeblich gar nicht gab? Und warum enden manche der Spuren plötzlich abrupt, wenn man statt der kleinen von der Nasa präsentierten Bildausschnitte vom Landeort die komplette LRO-Aufnahme der Region betrachtet? Letztlich fungiert die Nasa hier als Zeuge in eigener Sache. Und als einziger, denn bevor nicht andere Nationen auf dem Mond landen oder zumindest hochauflösende Fotos aus dem lunaren Orbit machen, wird es keine Bestätigung für ihre Aussagen geben.

Apropos: Die Nasa verweist auch gern darauf, daß mehrere hunderttausend Menschen in das „Apollo“-Projekt involviert gewesen seien – viel zu viele, um simulierte Mondlandungen geheimzuhalten. Jedoch hätte es für die Inszenierung des Schwindels vollkommen genügt, eine winzige Minderheit von vielleicht hundert Personen einzuweihen; der Rest der Nasa-Mitarbeiter war doch ganz entschieden zu weit weg vom eigentlichen Geschehen.

Darüber hinaus gibt es mehrere historische Beispiele für die strikte Wahrung von brisanten Geheimnissen, von denen ein großer Personenkreis wußte, über mehrere Jahrzehnte hinweg. So konnten die Briten es von 1940 bis 1974 verbergen, daß es ihnen gelungen war, das Verschlüsselungssystem der deutschen „Enigma“-Maschine zu knacken und den Funkverkehr des Feindes mitzulesen. Ein anderes Beispiel sind die gravierenden Fehlschläge im sowjetischen Raumfahrtprogramm, welche alle erst nach dem Ende des Kaltes Krieges publik wurden.