© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/19 / 12. Juli 2019

Recherchebüro auf EU-Ebene
Unabhängigkeit sieht anders aus: Mainstreammedien und Stiftungen tragen „Investigate Europe“
Ronald Berthold

Seit der Ruf der Leitmedien schweren Schaden genommen hat, geht der Trend dahin, vermeintlich unabhängige Redaktionsbüros zu eröffnen. Vor der Europawahl bezogen sich zahlreiche Zeitungen und Online-Auftritte bei ihrer EU-Berichterstattung auf investigate-europe.eu. Es waren fast ausschließlich „Recherchen“, die ein positives Bild der Zustände in Brüssel und Straßburg malten.

Die Beiträge erweckten aufgrund der vermeintlichen Unabhängigkeit des aus acht europäischen Ländern kommenden Journalistenteams eine gewisse Glaubwürdigkeit. Doch wer hinter die Kulissen schaut, bekommt den Eindruck, daß sich hier politisch orientierte Stiftungen ein Team von Journalisten halten, die in ihrem Sinne schreiben. Ganz so unabhängig ist „Investigate Europe“ nicht.

Da sich die Arbeit nicht über Anzeigen finanzieren läßt, benötigt es Finanziers. Mit 153.000 Euro bringt die „Open Society Initiative for Europe“ des amerikanisch-ungarischen Investors George Soros den größten Teil auf. Soros unterstützt mit seinem Geld auch NGOs, die in der „Flüchtlingshilfe“ aktiv sind und Einwanderer nach Europa bringen.

Die den Namen des Spiegel-Gründers tragende Rudolf-Augstein-Stiftung bezahlt die Journalisten, von denen die Deutschen zuvor bei taz, Spiegel und Tagesspiegel gearbeitet haben, mit 20.000 Euro. Auch die Lörracher Schöpflin-Stiftung, die sich laut Eigenbeschreibung „für kritische Bewußtseinsbildung, eine lebendige Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft“ einsetzt, will mit ihrem Kapital (60.000 Euro) die „zivilgesellschaftliche Verbreitung“ ihrer Ideen erreichen. Insgesamt bringen solche Stiftungen in diesem Jahr knapp 600.000 Euro auf, damit „Investigate Europe“ gut ausgestattet seine Arbeit verrichten kann. Hinzu kommen Kleinspender. In den vergangenen beiden Jahren gehörte auch die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung mit 315.000 Euro zu den Gönnern. Als Medien-Partner engagieren sich 35 europäische Zeitungen und Sender. Darunter sind aus Deutschland die taz, Der Freitag, der Tagesspiegel und die ARD. Sie publizieren die Beiträge, die die elf Kollegen im Sinne eines sich „wandelnden Europas“ (Selbstportrait) erstellt haben. Auf der Netzseite heißt es, sie würden Fakten teilen, verschmelzen und überprüfen. 

Ähnlich arbeitet auch „Correctiv“ (JF 4/17), das bei Konservativen den zweifelhaften Ruf genießt, vor allem politisch unliebsame Tatsachen zu relativieren und letztlich für falsch zu erklären. Mit „Investigate Europe“ übernimmt eine weitere Organisation diese Arbeit auf der europäischen Bühne.