© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/19 / 19. Juli / 26. Juli 2019

Andreas Glarner. Der SVP-Raubauz sorgt immer wieder tüchtig für Empörung.
Der Unerbittliche
Michael Paulwitz

Geßlerhüte grüßt er nicht – in Andreas Glarner, dem islamkritischen Gewissen der Schweizerischen Volkspartei (SVP), steckt mehr helvetischer Widerstandsgeist, als der eidgenössischen Konsensgesellschaft und selbst den eigenen Parteioberen lieb ist. Als Ein-Mann-Landsknechtshaufen haut Glarner lustvoll dorthin, wo es wehtut.

Manchmal aber überspannt der Tell aus dem Kanton Aargau dabei seine Armbrust. Wie neulich, als er eine Zürcher Lehrerin an den Internet-Pranger stellte, nur weil sie moslemischen Eltern die Rechtslage mitgeteilt hatte: Zum Ramadan-Ende gibt’s auf Wunsch schulfrei. Oder als er 2018 die Klassenliste einer Grundschule veröffentlichte, auf der nur ein Mädchen noch einen Schweizer Namen trug. Die Kleine, meinte Glarner bitter, werde beim Schulfest wohl keine „Cervelat“ bekommen – die Schweizer Bockwurst ist ein Nationalheiligtum.

Das ging zu weit, nach massiver Kritik von Freund und Feind mußte er sich in beiden Fällen entschuldigen, weil er in der Tat Persönlichkeitsrechte verletzt hatte. Seine Anhänger sind trotzdem begeistert, denn der Unerbittliche hat seinen Punkt gemacht – im Fernsehen nutzte er sein öffentliches Reuebekenntnis geschickt, um übergangslos die Debatte anzuzetteln: „Wieviel Schulbetrieb ordnen wir dem Islam unter?“ 

Der Aargauer Freiheitskämpfer ist ein „Überzeugungstäter“. Nichts regt ihn mehr auf als „Pseudo-Bürgerliche“, die feige mit den Linken stimmen und nett zuschauen, wie Sozialisten, Gutmenschen und Sozialarbeiter „die Schweiz ruinieren“. Sein Credo als asylpolitischer Sprecher der SVP ist kurz: „Religiöse Fanatiker, Scheinasylanten, Sozialschmarotzer“ haben im Land nichts verloren, Integrations- und Leistungswillige in „moderater“ Zahl sind willkommen. 

Der 56jährige Unternehmer kann es sich leisten, „deutsch und deutlich“ seine Meinung zu sagen. Glarner ist das glatte Gegenstück zum Berufspolitiker: Vom Handwerkslehrling zum Firmenchef und Millionär hochgearbeitet, zwei Unternehmen gegründet und weiterverkauft, nach Jahren als Kommunalpolitiker und Gemeindeoberhaupt 2015 in den Nationalrat, das Schweizer Parlament, gewählt.

Dort will er im Herbst erneut einziehen, um die Schweizer Freiheit gegen Brüsseler Übergriffe zu verteidigen. Da klebt er sich am Rednerpult schon mal medienwirksam ein blaues Pflaster auf den Mund, um für die Selbstbestimmungsinitiative zu werben, oder klettert mit Kollege Roger Köppel in ein nachgebautes Trojanisches EU-Pferd.

Streit vor Gericht geht er ebenfalls nicht aus dem Weg; und als er ein linkes Kulturzentrum in seiner Heimatgemeinde im Verdacht hatte, extremistische Schmierfinken zu beherbergen, drohte er kurzerhand, den Laden einfach aufzukaufen. Besser, man legt sich nicht mit Glarner an!