© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/19 / 19. Juli / 26. Juli 2019

Leserbriefe

Zu: „Vom hohen Roß“ von Thorsten Hinz, JF 29/19

Rettung wider das Seerecht

Die Sea-Watch rettet theatralisch vor der Welt Flüchtlinge, verführt aber auf diese Weise auch Tausende zum Ertrinken. Um nicht weitere Gutgläubige zum Spenden zu drängen, sei hier erwähnt: Sea-Watch ist eine Organisation, die mit Unterstützung der Diakonie betrieben wird, mit Geldern der deutschen Kirchen also. Damit kann die Kapitänin gezielt vor der libyschen Küste Menschen aus seeuntüchtigen Schlauchbooten retten. Sie bringt sie aber nicht, wie das Seerecht es vorschreibt und es ihr angeboten wurde, an die nächste (libysche) Küste, sondern bewußt in Länder der EU, etwa nach Italien, obwohl die Anlandung dort bereits verboten ist. Das ist nicht Seenotrettung, sondern gezielte, bewußte Unterstützung libyscher Schlepper, letztlich auf dem Rücken einfältiger EU-Bürger, vor allem in Deutschland. Ohne diese „Seenotretter“ hätte sich das libysche Schleuser-Geschäftsmodell weitgehend erledigt.

Gerolf Fritsche, Offenbach




Gutmensch statt guter Mensch

Gute Menschen tun Gutes. Gutmenschen hingegen wollen immer, daß andere Gutes tun. Exemplarisch dafür steht Carola Rackete mit ihrer Sea-Watch-Rettungsaktion im Mittelmeer. Sie fischt die Migranten vor der libyschen Küste aus dem Meer und bringt sie sicher nach Italien oder Malta. Dabei läßt sie sich von Teilen der Öffentlichkeit als Heldin feiern und fühlt sich mutmaßlich dabei moralisch noch gut und erhaben. Doch schlußendlich legt sie die Migranten dann dem europäischen Steuerzahler vor die Tür. Der muß dann für alle weiteren Hilfen aufkommen. Dem Grunde nach ist das nichts anderes als Schleusertum, gekleidet im strahlenden Gewande des Idealismus. Heldentum sieht wirklich anders aus.

Markus Seebass, Berlin






Zu: „Chaos in der AfD / Über die Linie“ von Dieter Stein, JF 29/19

Als „Lega Ost“ bedeutungslos

Es gärt und gärt in der AfD. Mehrere Landesverbände – NRW, Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein – sind aufgrund interner Konflikte und Zerwürfnisse derzeit fast lahmgelegt. Leider sind die meisten schweren Konflikte aufgebrochen durch den Versuch von Höckes „Flügel“-Leuten, dort die Macht zu übernehmen. Daher ist das Signal des Appells der 100 Parteifunktionäre und Mandatsträger – unter ihnen drei Vizeparteichefs, drei Landeschefs und viele Bundes- und Landtagsabgeordnete – sehr zu begrüßen, die einerseits „für eine geeinte und starke AfD“ einstehen, aber auch klarmachen: „Die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei!“ 

Die Höcke-Anhänger müssen einsehen, daß der radikale Flügel für viele Konservative, Nationalliberale und Bürgerliche besonders im Westen ein rotes Tuch und unwählbar ist. Der devote Personenkult um Höcke treibt absonderliche Blüten. Die Verbalradikalisierung ist schädlich, das fällt inzwischen selbst Gauland auf. Meuthen geht auf Distanz zum Flügel. Die Stärke der AfD im Osten, die sich Höcke-Leute zugute halten, ist ja schön und gut. Doch man beachte bitte die Größenverhältnisse: Es leben laut Statistischem Bundesamt nur 12,5 Millionen Einwohner in den östlichen Bundesländern (ohne Berlin) gegenüber fast 67 Millionen Einwohnern im Westen. Die fünf Ost-Länder stellen nur etwa 15 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland. Der AfD muß klar sein: Als „Lega Ost“ wird sie gesamtdeutsch wenig Einfluß haben. Manche Flügel-Leute sagen ganz offen, ihnen sei eine Hardcore-Rechte mit einem Wähleranteil knapp über 5 Prozent lieber als eine „angepaßte“ AfD mit 13 bis 15 Prozent. Die AfD muß sich vor den Extremisten hüten. Hoffentlich treffen auf dem Landesparteitag in Bayern die Delegierten die richtigen Entscheidungen.

Dr. Peter Müller, München






Zu: „Am Gängelband der Grünen“ von Ralf Georg Reuth, JF 28/19

Bald schon Lieferengpässe

Auch in Deutschland haben die Grünen nur ein Fünftel der Wählerstimmen errungen und sie kommen womöglich auch an ihre Grenzen, wenn sie mal liefern müssen. Die sognannten urbanen Eliten sind eventuell schnell wieder weg, wenn andere Themen, außer Klimaschutz, wieder zu Recht in den Mittelpunkt rücken. Grün wählen ist wie Rosenkranzbeten, es gibt ein gutes Gefühl, und wer dran glaubt, scheint ein gutes Gefühl zu bekommen. Ansonsten lebt man sein Leben wie zuvor und schert sich im günstigsten Falle um nichts Weiteres. Wer anderen stets moralisch kommt, ist meist selbst ein übler Hund.

Chris Dasch, Saulgrub im Ammergebirge






Zu: „‘Terror und totalitäre Gesinnung’“, im Gespräch mit Prof. Dr. Egon Flaig, JF 28/19

Der Anstand ging verloren

Mehrere Wochen spielt jetzt schon der Mordfall Lübcke die alles beherrschende Rolle der Berichterstattung in Radio, Fernsehen und Printmedien. Alle bemühen sich um noch mehr „Betroffenheitskultur“ und – in diesem Zusammenhang – um noch mehr Verteufelung der AfD. Im Bekanntenkreis heißt es immer öfter: „Man kann es nicht mehr hören und sehen.“ 

Was mich, ehemaliges CDU-Mitglied, jedoch mehr und mehr verwundert, ist die Tatsache, daß der hessische Ministerpräsident als unmittelbarer Vorgesetzter des nordhessischen Regierungspräsidenten seinem CDU-Parteifreund ganz offensichtlich für seine in Lohfelden gehaltene migrationsfreundliche, jedoch nicht durch den Amtseid gedeckte Rede keine in diesem Fall dringend erforderliche Rüge erteilt hat. Die eigenen Landsleute, denen Lübcke verpflichtet war, ihres Heimatlandes zu verweisen, ist an Überheblichkeit nicht zu überbieten. Außerdem ist damit jeglicher menschliche Anstand verlorengegangen.

Joachim Kadow, Bensheim






Zu: „Mitra gegen Rechts“ von Gernot Facius, JF 28/19

Organon der Selbstoffenbarung

Kirchen im „Haltungs“-Modus scheuen keine Selbstoffenbarung. Die katholische hat ein unverzichtbares Organon für die Gläubigen angefertigt unter dem Titel „Dem Populismus widerstehen“. Sie schreiben, Journalisten hätten „gleich bei der Präsentation des Papiers akribisch nachgezählt: 297mal kommt der Begriff ‘Populismus’ vor, 163mal das Wort ‘Rechtspopulismus’.“ Das ist nicht wenig für eine 73seitige Handreichung, nämlich zusammen 6,3mal pro Seite. Mit dieser Schlüsselbegriffsdichte werden Bedingungen einer soliden Gehirnwäsche erfüllt. Anzumerken wäre noch, daß der Terminus „Rechtspopulismus“ ein lehrbuchreifer Pleonasmus ist. Denn längst weiß auch der schlichte Gläubige: Populismus ist es, wenn er die falschen Anschauungen vertritt.

Peter Pietschmann, Blaustein




Jämmerliches Werk

Im Grunde sollte man über diese Broschüre nicht allzuviel reden oder schreiben. Hier handelt es sich nicht um eine kritische, sachliche Auseinandersetzung mit Andersdenkenden. Es vertritt und verteidigt die üblichen grünlinken Positionen, schreckt nicht einmal vor so falschen Behauptungen zurück wie jener‚ der gegenwärtige Wohlstand der westlichen Staaten würde – nicht nur, aber doch maßgeblich – auf Kosten von Entwicklungsländern aufrechterhalten. 

Die ganze Jämmerlichkeit dieses Werkes kommt bereits in dem Zitat zum Ausdruck: „Wir denken an die gerade schon erwähnte absolute Gleichheit aller Menschen als Geschöpfe Gottes.“ Wenn das die Position der Katholischen Kirche wäre, hätten zunächst einmal die Kirchenfürsten zu erklären, warum Frauen nicht zum Priesteramt zugelassen sind. Sind Frauen nach Auffassung der Katholischen Kirche etwa keine Menschen? Aus der Bibel begründen läßt sich das jedenfalls nicht. So heißt es schon in der Genesis gleich zu Beginn „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ Wohlgemerkt, nach der Bibel erschuf Gott die Menschen als Mann und Frau und nicht in „sexueller Vielfalt“. 

Doch weiter zu den Populisten: Als charakteristisch für den Populismus wird angeführt, daß an die Stelle von Argumenten und Fakten eine emotional getriebene Kommunikation trete, die Ressentiments schüre und Tabubrüche inszeniere. Populisten sind nach dieser Auffassung „Bösmenschen“, die dumpfe Ängste schürten, aber keine Argumente hätten, um ihre Aussagen zu untermauern. Dabei wird dem Leser schnell klar, daß die Verfasser dieses Werkes selbst keine Argumente haben und daher an das Gefühl und nicht an den Verstand appellieren. 

Auch Antisemitismus nimmt als typisch „rechtspopulistisches“ Phänomen einen breiten Raum ein. Daß der „moderne Antisemitismus“ linke Wurzeln hat, wissen die Autoren offenbar nicht. Vermutlich haben sie noch nie von Karl Marx’ Schrift „Zur Judenfrage“ gehört, die mit der beachtlichen Feststellung schließt‚ die gesellschaftliche Emanzipation des Juden sei die Emanzipation der Gesellschaft vom Judentum. Natürlich können die Autoren den islamischen Antisemitismus nicht verheimlichen und erwähnen diesen kurz. Aber ihn zu bekämpfen ist für sie vornehmlich die Pflicht muslimischer Gemeinden. Schlimmer aber sei, so der Vorwurf, daß die Rechtspopulisten den islamischen Antsemitismus für sich vereinnahmen und dadurch eine Ablehnung von Muslimen „kultivieren“. So nimmt die Studie gegenüber dem Islam eine devote Stellung ein. Man hebt Gemeinsamkeiten wie den Glauben an die Auferstehung der Toten, das Jüngste Gericht, die Vergeltung der Taten hervor, verschweigt auch nicht, daß Jesus im Islam als Prophet anerkannt wird; er steht dabei allerdings auf niedrigerer Stufe als Mohammed, was diskret verschwiegen wird. 

Nach Erhebungen von 2016 besuchen nur noch 2,4 Millionen Katholiken regelmäßig den Gottesdienst, nehmen also am kirchlichen Leben teil. Von denen wird mit Sicherheit nur eine kleine Minderheit die Schrift lesen, so daß diese das Schicksal erleiden dürfte, das sie verdient: weitgehend unbeachtet zu bleiben.

Dr. Fritz Peter Heßberger, Karlstein






Zu: „Wenn grün, dann bitte richtig“ von Dirk Meyer, JF 28/19

Milchmädchen-Rechnungen

Ich kenne niemand, der den Klimawandel bestreitet. Der Streit geht doch darum, ob der CO2-Ausstoß der Industriegesellschaft daran schuld ist. Ich sage nein, denn Klima-Erwärmungen hat es immer wieder mal gegeben, lange vor der Industrialisierung. Die letzte Klima-Erwärmung war im Mittelalter, so zwischen 850 und 1450. Danach kam eine Kaltzeit bis etwa 1850. Angesichts dessen kann man sich all die Hochrechnungen und Milchmädchen-Rechnungen sparen.

Dr. Reinhard Böhler, Lauf






Zu: „Gegenaufklärung“ von Karlheinz Weißmann, JF 28/19

Zweimal in Sack und Asche

Gestalt und Inhalt sollten ebenbürtig sein. Herrn Weißmanns Denksprüche müssen nicht in Sack und Asche daherkommen: Sie haben nicht das Schwammwort „interessant“ und den deutschgewandeten Engländer „einmal

mehr“ verdient.

Dr. Jens Görtzen, Rendsburg






Zu: „Es ist ein Skandal“ von Günter Scholdt, JF 28/19

Schlag nach bei Tocqueville

Ergänzend hierzu ist auf Alexis de Tocqueville hinzuweisen, der das Problem bereits in seinem Buch „Über die Demokratie in Amerika“ ansprach. Diktaturen schränken explizit und unverblümt von Staats wegen die Meinungsfreiheit ein. In Demokratien ist zwar die Meinungsfreiheit formalrechtlich bestens abgesichert (als Grundrecht Art. 5 GG), wird aber durch demokratisch nicht legitimierte gesellschaftliche (in Deutschland momentan linke) Kräfte faktisch eingeschränkt. Eine Allensbach-Untersuchung von Professorin Noelle-Neumann sprach von einer „Schweigespirale“, die Bürger abwägen läßt, ob sie etwas öffentlich sagen können, was der Mehrheitsmeinung widerspricht, also eine Art Selbstzensur. Tocqueville glaubte gar, daß gesellschaftlicher Druck die Meinungsfreiheit stärker einschränken könnte als staatlicher Druck. Das gilt besonders dann, wenn unser Staat die Meinungsfreiheit zwar formal garantiert, aber konkret nicht durchsetzt, wie zum Beispiel beim früheren Verteidigungsminister de Maizière, der einen Vortrag in der Humboldt-Universität Berlin wegen linksradikaler Störer abbrechen mußte, und keine Polizei gerufen wurde, um die Störer zu entfernen.

Dr. Wolfram Ender, Eschershausen






Zu: „Frontalangriff statt Sichelschnitt“ von Egon W. Scherer, JF 28/19

Die Wehrmacht war machtlos

Nach der Invasion im Westen war es letztlich gleichgültig geworden, ob „Frontalangriff“ oder „Sichelschnitt“. Keiner der beiden Strategien war die Wehrmacht mehr gewachsen. Der Zwei­frontenkrieg und die Bombardierung der deutschen Rüstungsindustrie durch die Amerikaner hatten die Fronten zum Einsturz gebracht. Es ist unfair, wenn Moskau zur alljährlichen Parade zum „Sieg über Nazideutschland“ den Anteil der westlichen Alliierten unterschlägt.

Karl Wagner, Dettelbach






Zu: „Die Rechnung geht nicht mehr auf“ von Ralf Georg Reuth, JF 27/19

Die Erichs nehmen Rache

So interessant und lesenswert dieser Artikel ist, erhellt er nicht die Umstände für Angela Merkels politischen Aufstieg. Politisch unerfahren und unbekannt, müssen es andere Gründe gewesen sein, die ihre beispiellose politische Karriere ermöglicht haben: Sommer 1990 CDU-Eintritt, sicherer Listenplatz für die Bundestagswahl, 1991 Bundesministerin etc. Ist es wirklich auszuschließen, daß Erkenntnisse der Stasi ihr den politischen Weg ebneten? Hierzu bietet zumindest die ClownUnion in dem Youtube-Video „Die Erichs nehmen Rache“ einen entsprechenden Erklärungsansatz.

Henning Sachs, Kiel