© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/19 / 02. August 2019

Abgeflogen und abgehoben
Klimasteuern: Grüne, Linke und CSU überbieten einander mit Vorschlägen für staatliche Eingriffe in den Markt
Christian Schreiber

Ungeachtet von Expertenmeinungen, die vor einem Abflauen der Konjunktur warnen, forderten in den vergangenen Tagen mehrere Politiker zusätzliche Belastungen der Bürger in Form von Steuererhöhungen. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck plädierte am vergangenen Wochenende für das Ende von Inlandsflügen bis 2035 in Deutschland: „Es ist möglich und erstrebenswert, bis ins Jahr 2035 keine Inlandsflüge mehr in Deutschland zu haben. Dafür müssen die Bahnstrecken aber massiv ausgebaut werden.“ Dieses Vorhaben soll mit einer Steuererhöhung finanziert werden. „Kerosin für Binnenflüge muß normal besteuert werden. Im Gesetz steht dies auch so, es gibt aber eine Ausnahme für die gewerbliche Luftfahrt. Wir müssen nur die Ausnahme streichen“, forderte Habeck: „Mit den Einnahmen von etwa 500 Millionen Euro könnte man die Mehrwertsteuer auf Bahntickets verringern, was etwa 400 Millionen Euro kostet. Das könnten wir ab Herbst 2019 einführen.“

Noch einen Schritt weiter ging der Bundesvorsitzende der Linkspartei Bernd Riexinger. „Was so dramatische gesellschaftliche Folgen haben kann, darf nicht marktwirtschaftlich und unreguliert bleiben. Fluggesellschaften gehören in staatliche Hand – genauso wie die Energieversorgung oder die Bahn“, so forderte er eine Enteignung der privaten Luftfahrtgesellschaften. Klimaschädliche Flugreisen seien „unverantwortlich billig“, was mit der Privatisierung des Flugverkehrs zusammenhänge. „Fliegen war ja mal besser reguliert und überwiegend in öffentlicher Hand.“ Man habe einen wilden Konkurrenzkampf auf dem Flugmarkt zugelassen: „Zum Nachteil der Beschäftigten und zu Lasten des Klimas.“

Die Forderungen nach höheren Steuern dürften auch eine Rolle in den laufenden Wahlkämpfen in Mitteldeutschland spielen. So sprach sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) strikt gegen solche Schritte aus. „Statt den Bürgern mit Steuererhöhungen zu drohen, sollte die Bundesregierung konkrete und machbare Maßnahmen für den Klimaschutz beschließen“, sagte er der Funke-Mediengruppe. Der CDU-Politiker schloß sich dem Vorschlag von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an, Bahnfahrten durch eine Steuersenkung günstiger zu machen. „Bahnfahrten zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz und ohne Ökosteuer wären ein großer Schritt“, sagte Kretschmer. 

Söder indes forderte auch eine EU-weite Klimamaut, die alle Bürger der Europäischen Union gleich belasten würde. Nachdem das CSU-Projekt einer deutschen Maut für Ausländer gerichtlich abgelehnt wurde, forderte er eine Angleichung des „europäischen Flickenteppichs“. Dadurch solle nicht nur eine deutsche, sondern eine gesamteuropäische Finanzierung auch im Hinblick auf den Klimaschutz stattfinden.