© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 33/19 / 09. August 2019

Ländersache: Sachsen
Alte weiße Dampfer auf dem Trockenen
Paul Leonhard

Dresden besitzt die älteste und größte Raddampferflotte der Welt. Allerdings sitzen die Ausflugsdampfer aktuell in zweierlei Hinsicht auf dem Trockenen: Die Elbe führt kaum noch Wasser, und der Gesellschaft fehlt Geld für laufende Kosten und Reparaturarbeiten. Auf ersteres, aktuell ist die Elbe nur noch 72 Zentimeter tief, reagierte Karin Hildebrandt, Geschäftsführerin der Sächsischen Dampfschiffahrt (SDS), vergangene Woche mit einem Sonderfahrplan. Die romantischen Ausflüge durch das Elbsandsteingebirge nach Bad Schandau wurden gleich ganz gestrichen. 

Doch für weitere Maßnahmen gegen die wirtschaftliche Notlage bekam sie nur unter größten Mühen Rückhalt von den mehr als 450 Kommanditisten. Erst im zweiten Anlauf lenkten die Gesellschafter Ende vergangener Woche ein und akzeptieren, daß solange keine gewinnunabhängigen Zahlungen mehr ausgeschüttet werden, bis ein finanzielles Polster von mindestens zwei Millionen Euro aufgebaut ist.

Der Freistaat, mit 51 Prozent an der SDS beteiligt, ist bereit, mit weiteren zwei Millionen Euro über die Sächsische Aufbaubank bestehende Kredite zu verlängern. Allerdings stuft die Bank die SDS als „Pleitekandidaten“ ein und will einen Zinssatz von neun Prozent haben, was die Anteilseigner ablehnen.„Falls wir zwei oder gar drei Jahre mit erhöhtem Kleinwasserrisiko erleben, sind wir bei den angebotenen Konditionen insolvent“, zitiert die Sächsische Zeitung aus dem Brief eines Gesellschafters an den SDS-Verwaltungsrat. Denn selbst wenn das Geld zusammenkommt, ist es Ende 2021 wieder aufgebraucht, falls es weitere Jahre Niedrigwasser gibt.

Seit jeher hängt Wohl und Wehe der seit 1835 auf der Elbe betriebenen Dampfschiffahrt vom Wasserstand ab. Und immer wieder gab es Fusionen und Eigentümerwechsel. 1947 wurde die Sächsisch-Böhmische Dampfschifffahrt Aktiengesellschaft mit 16 verbliebenen Raddampfern Volkseigentum. Von denen waren noch vier einsetzbar, als die DDR zusammenbrach. Die Treuhand verkaufte das Unternehmen samt zehn Seitenraddampfern an die Conti-Reederei. Es entstand die Sächsische Dampfschiffahrts GmbH & Co. Conto Elbschiffahrts KG, an der der Freistaat zu 51 Prozent beteiligt ist. Acht der schwimmenden Oldtimer wurden ab 1992 saniert, zwei abgewrackt. Mit den Modernisierungen verringerte sich die Passagierkapazität von 7.400 auf 3.850 Plätze. Trotzdem machte die Gesellschaft in guten Jahren Gewinn. 2014 waren es bei einem Umsatz von 8,6 Millionen Euro knapp 500.000 Euro.

Negativ auf die Geschäftszahlen wirken sich die tschechischen Staustufen aus. Prag nutzt das Wasser der Elbe für die Sicherung der Trinkwasserversorgung, für die Landwirtschaft und die Kühlung des Kernkraftwerks in Temelín. Für die Dresdner Ausflugsdampfer bleibt mitunter weniger als die für Fahrten notwendige Handbreit Wasser unterm Kiel. Im vergangenen Jahr sorgten erhebliche Reparaturkosten für einen Verlust von 827.000 Euro. Genervt darüber, daß die Elbe entweder zuviel oder zuwenig Wasser führt, schlug ein süddeutscher Anteilseigner vor, alle Schiffe zu verkaufen: „Diese werden europaweit gefragt sein, da sie in einem optimalen Zustand gewartet sind.“ Prompt reagierten die Dresdner mit der Gründung des Vereins, der den nur an Gewinn interessierten Kommanditisten die Anteile abkaufen will.