© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 33/19 / 09. August 2019

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Sonntagsausflug zur Liebermann-Villa an den Berliner Wannsee. Gezeigt wird dort derzeit eine Sonderausstellung mit Großstadt-Bildern der beiden Impressionisten Max Liebermann und Lesser Ury. Die Gegenüberstellung der rund 45 Gemälde und Papierarbeiten ist gleich doppelt reizvoll: Zum einen verband die beiden Künstler eine grimmige Abneigung; erst nachdem Liebermann 1913 als Vorsitzender der Berliner Secession zurückgetreten war, konnte Ury dort regelmäßig ausstellen. Zum anderen drückt sich in ihren Arbeiten eine sehr unterschiedliche Sichtweise auf Berlin aus. Liebermann (1847–1935) bevorzugte das helle, freundliche Antlitz, die Gärten und Parks, vor allem den Tiergarten. Der in der preußischen Provinz Posen geborene Lesser Ury (1861–1931) setze hingegen die Urbanität ins Bild, nächtliche Szenerien, Straßen und Plätze, den Autoverkehr, Bahnhöfe, die Lichter der Großstadt. Zu sehen ist die Schau noch bis zum 9. September täglich, außer dienstags, von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 8 Euro (ermäßigt 5 Euro). Aber nicht nur die Ausstellung lohnt einen Besuch, allein das direkt am Wasser gelegene Grundstück mit seinem prächtigen Stauden- und Bauerngarten im vorderen Teil und der entzückenden Blumenterrasse im hinteren ist eine Oase des Wohlbehagens abseits des lärmenden und weithin versifften Metropolenmolochs Berlin. Siehe auch: www.liebermann-villa.de


Deutlich turbulenter ging es am Tag zuvor auf der Berliner Tattoo-Convention in der Arena Treptow zu. Rund 350 Aussteller und Tausende von Besuchern sorgten für ein geschäftiges, buntes Treiben. Aufregung bewirkte eine junge Frau mit hüftlangen Dreadlocks, die sich an der Wahl zur „Miss Tattoo“ beteiligte. Ihr Motiv auf der Rückseite beider Oberschenkel: zwei um 45 Grad gedrehte Swastika-Symbole mit geschwungen Enden – woraus verschiedene Medien flugs einen „Hakenkreuz-Skandal“ machten. Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel erklärte die 29jährige: „Wenn man Nazis erlaubt, gewisse Zeichen mit solchen Bedeutungen zu behaften, gibt man ihnen Freiraum.“ Für sie seien die tätowierten Swastikas religiöse Symbole. Sie habe keine rechte Gesinnung, grenze sich aber auch von Linken ab, sagte sie weiter. Den Medienberichten zufolge sei nun Strafanzeige erstattet worden, die Polizei ermittle nach Paragraph 86a Strafgesetzbuch wegen des Verdachts der Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen. Nun ja, auch wenn die Sache hoffentlich im Sande verläuft, die Frau ist ob ihrer Dämlichkeit ohnehin schon für alle Zeit gestraft.