© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 34/19 / 16. August 2019

Zwischen den Stühlen
Landtagswahlkampf: Hans-Georg Maaßens Auftritte schmecken nicht allen in der CDU
Werner Becker

Seine Auftritte werden von der CDU-Parteiführung mit Argusaugen beobachtet. Am liebsten würde das Präsidium der Christdemokraten die Wahlkampftermine von Hans-Georg Maaßen absagen. Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz tourt derzeit durch Brandenburg und Sachsen, unterstützt  CDU-Kandidaten, die sich bei den kommenden Landtagswahlen am 1. September um ein Abgeordnetenmandat bewerben. 

Schon allein die Tatsache, daß langjährige christdemokratische Mandatsträger sich nicht mehr um die Meinung der Parteioberen scheren, ist bemerkenswert und entlarvend zugleich. Denn angesichts der realen Gefahr, den eigenen Wahlkreis an die AfD zu verlieren und einer einfallslosen „Weiter so“-Rhetorik aus dem Adenauerhaus nehmen vor allem in Sachsen eine steigende Anzahl amtierender Landtagsabgeordneter das Heft des Handelns inzwischen selbst in die Hand. 

Und so erscheint der nun bei der Werte-Union engagierte Hans-Georg Maaßen als Zugpferd auf Veranstaltungen der Abgeordneten, beschert ihnen ein hohes Medieninteresse und einen voll besetzten Saal mit potentiellen Wählern, den Berliner Minister schon lange nicht mehr zu füllen vermögen. Auch in Riesa ist das der Fall. Der sächsische Landtagsabgeordnete und ehemalige Justizminister Geert Mackenroth hat Maaßen zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Werte-Union eingeladen. Der Saal ist auch hier bis auf den letzten Platz besetzt, einige Zuhörer müssen mit Stehtischen vorliebnehmen. Lokale und regionale CDU-Größen sind gekommen, auch der Landrat ist mit von der Partie. Doch nicht nur Christdemokraten sind unter den knapp hundert Zuhörern. Auch Linke und AfD-Sympathisanten sind dabei. Unter letzteren befinden sich nicht wenige ehemalige CDU-Wähler, die sich besonders nach der Migrationskrise 2015 enttäuscht abgewandt hatten. 

Gerade sie will Mackenroth zurückgewinnen. Hans-Georg Maaßen soll ihm dabei helfen. Der geht zu Beginn seines Vortrags sogar noch weiter: „Man muß mit jedem Gespräche führen, selbst mit Extremisten.“ Dies bedeute jedoch nicht, sich mit dessen Gedankengut gemein zu machen. „Es ist oftmals schwierig, mit solchen Betonköpfen zu diskutieren, aber nur wenn man mit den Leuten redet, lassen sich manche von ihnen in unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft zurückholen.“ Abgrenzung statt Ausgrenzung sei daher auch daß, was er der Union im Umgang mit der AfD rät. Nicht ohne Erfolg. „Daß heute hier hat mich davon überzeugt, mich wieder der CDU zuzuwenden“, zeigt sich einer der Besucher in Riesa vom Vortrag des einstigen Verfassungsschützers angetan. 

Schon einige Tage zuvor in Radebeul waren nicht wenige Zuhörer von Maaßens Auftritt begeistert. Der sächsische Landtagspräsident Matthias Rößler hatte dort zu einer Veranstaltung geladen. Doch auch die AfD registriert die christdemokratischen Rückholversuche enttäuschter Wähler. Entsprechend zahlreich sind ihre Vertreter in Radebeul vertreten, nutzten während der Fragerunde die Bühne für Co-Referate und genüßliche Hinweise auf die Schwächen der Bundesregierung. In Riesa hingegen haben die Veranstalter vorgesorgt. Fragen müssen schriftlich eingereicht werden, lange Monologe von AfD-Vertretern werden auf diese Weise vermieden. Eine Vorgehensweise, die auch Sebastian Fischer im nordsächsischen Lampertswalde bevorzugt. Der CDU-Landtagsabgeordnete hat ins örtliche Dorfgemeinschaftshaus geladen. Auch hier ist das Interesse an dem einstigen Verfassungsschützer groß. Der Bürgermeister ist gekommen, CDU-Kommunalpolitiker ebenso wie Sympathisanten der AfD. Es sind abwartende, skeptische Gesichter, in die Hans-Georg Maaßen zu Beginn seiner Rede blickt. Wie schon in Riesa fordert er auch hier dazu auf, den Diskurs mit Extremisten nicht zu verweigern, sich abzugrenzen, aber niemanden auszugrenzen. Und trifft damit zumindest bei einigen einen Nerv. „Wenn Leute wie er in der CDU den Ton angeben, kann man euch wieder wählen“, raunt einer. Nicht alle, aber einige nicken.

Parteifreunde grätschen     von hinten dazwischen

Im Adenauerhaus ist man dennoch der Auffassung, Maaßens Auftritte schadeten der Partei eher als ihr zu nützen. Wohl auch, weil der Ex-Verfassungsschützer kein gutes Haar an der Strategie der Parteiführung läßt, die sich stark an den Themen der Grünen, wie etwa der Klimapolitik, orientiert. „Die Union sollte sich nicht mit Greta, sondern mit echten Problemen beschäftigen“, hatte Maaßen darauf entgegnet. Eine Äußerung, die den nicht wieder ins Europaparlament gewählten Elmar Brok gar dazu verleitete, der Werte-Union jegliche Werte abzusprechen. Zugleich kritisierte man die Mittelstandsvereinigung (MIT) in Potsdam dafür, mit Maaßen eine Veranstaltung durchzuführen. Es ging um einen Vortrag, bei dem Maaßen Tips und Hinweise dazu gab, wie sich mittelständische Unternehmen vor Wirtschaftsspionage durch totalitäre Regime wie China schützen können.