© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 34/19 / 16. August 2019

CD-Kritik: Gustav Mahler – Symphonie Nr. 1
Spätromantisch
Thorsten Thaler

Es muß eine bewegte Uraufführung gewesen sein, die da in Budapest am 20. November 1889 über die Bühne ging. Der damals 29jährige Gustav Mahler dirigierte die von ihm komponierte Symphonie Nr. 1 in D-Dur (noch in ihrer fünfsätzigen Form) und versuchte dem Publikum den Zugang zu dem Stück durch Werk- und Satztitel zu erleichtern. Die Zuhörer blieben indes sehr geteilter Meinung. Der Schriftsteller Karl Kraus berichtete von einer Aufspaltung in „Mahlerfreunde und Mahlerhasser“, die sich eine „heftige Schlacht“ lieferten. In seiner Zeitschrift Die Fackel schrieb er: „Im Lärm des Parteikampfes war von den komischen Orchesterklängen nichts mehr zu hören.“

Heute, über hundert Jahre danach, steht Mahlers um einen Satz gekürzte, thematisch weitgehend seinem Zyklus „Lieder eines fahrenden Gesellen“ entlehnte 1. Symphonie, die er ursprünglich mit dem später gestrichenen Untertitel „Titan“ versehen hatte, häufig auf den Konzertspielplänen. Zudem gibt es von dem spätromantischen Werk über 40 Tonaufnahmen, zu denen sich jetzt eine weitere mit dem Minnesota Orchestra unter seinem finnischen Chefdirigenten Osmo Vänskä gesellt. Sie ist die vierte Folge von Einspielungen aller Mahler-Sinfonien, die das 1903 von dem deutschen USA-Auswanderer Emil Johann Oberhoffer begründete Orchester vor zwei Jahren begonnen hat.

Gustav Mahler Symphony No. 1 Minnesota Orchestra Osmo Vänskä BIS Records 2019  https://bis.se