© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 34/19 / 16. August 2019

Dorn im Auge
Christian Dorn

Moin, Raider heißt / schon länger Twix. / Da nützt auch all Gezeter nix. / So mutierte Bakary Daffeh / Zu Bakery Jatta – okay?“ Doch die „flüchtige“ Personalie beim HSV ist nicht die einzige Überraschung. So schildert ein befreundeter Gastronom, der vor Jahrzehnten aus Jugoslawien eingewandert ist, wie ihn in der Metro ein neu eingestellter afrikanischer Mitarbeiter von hinten aggressiv anblufft: „You have to put this on the back side!“ Augenscheinlich ist die „Fachkraft“ des Deutschen nicht mächtig. Kaum besser die Kommunikation beim Großmarkt Hamberger, wo ein Osteuropäer den Gastronom unwirsch anweist: „Du bringen hier!“ Mit der Bringschuld ist das auch so eine Sache, schließlich lehrt uns die Willkommenspropaganda, Integration sei keine Einbahnstraße. 


Ganz andere Wege geht der aus der DDR stammende, im Berliner Stadtbezirk Pankow beheimatete Abenteurer und Weltenbummler Wieland Meier (Jahrgang 1959), der – wenngleich nicht so bekannt wie die als Weltstars geltenden Fotoreporter Sebastião Salgado oder Jimmy Nelson – seit dem Mauerfall dem Ruf der Wildnis folgt (www.rafflesia.de). Seither unternimmt er Expeditionen zu indigenen Völkern und von der Öffentlichkeit abgeschotteten ethnischen Minderheiten in Südamerika, Afrika und Asien. Zur Ausstellungseröffnung mit den „Portraits indigener Völker“ an der Gethsemanekirche berichtet er lakonisch von seinen Sprachkenntnissen: Neben Deutsch und Körpersprache sei es das rudimentäre Englisch – „genauso schwach“ wie das der einheimischen Guides –, weshalb sie sich perfekt verständigen könnten. Anders als die vielen indigenen Stämme in Papua-Neuginea, das deshalb ein Viertel aller Weltsprachen beherberge. So wie in Brasilien, wo bis heute hundert indigene Völker vermutet werden, die noch nie Kontakt zum Weißen Mann hatten, erging es Wieland auch in Papua-Neuginea, als die Kinder vor Schreck schrien und auf hohe Bäume kletterten. Anders als Jimmy Nelson nähert sich Wieland aber jedesmal respektvoll, so daß er immer das Vertrauen gewinnt und damit einzigartige Einblicke in den Alltag und die traditionelle Lebensweise der Dorfgemeinschaften. Beim Besuch einer Schule im Urwald Papua-Neugineas im Jahr 1996 fragte ihn die Geschichtslehrerin, ob er aus West- oder Ostdeutschland komme. Nach Wielands Antwort korrigierte sie sogleich mit dem Stift in der Hand ihr Notizbuch: 1989 Mauerfall, Deutschland wieder eins. Neben diesem Jubiläum steht Anfang September ein weiterer Jahrestag an: Vier Jahre Willkommenswahn.