© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/19 / 23. August 2019

Wer hat Angst vorm blauen Mann?
Landtagswahlen im Osten: Der oberste Industrie-Lobbyist Dieter Kempf warnt vor Schäden für den Standort Deutschland durch AfD-Erfolge / „Abschwung droht“
(Insa/vo)

Die Warnung hat es in sich, so kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg: „Erfolge der AfD schaden dem Image unseres Landes“, ist der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, überzeugt. Als Folge prophezeit er „Abschwung und Strukturschwäche“, die „Attraktivität eines Standorts“, der dringend Fachkräfte brauche, „ganz egal, woher sie kommen“, leide erheblich. Und Kempf stellte unmißverständlich klar: „Ausländerfeindlichkeit und Nationalismus passen nicht zu einer international erfolgreichen deutschen Wirtschaft.“ Wie aber sehen das die Wähler hierzulande, teilen sie die Ansichten des BDI-Chefs und haben seine Worte Einfluß auf ihre Wahlentscheidung? Die Meinungsforscher von Insa haben im Auftrag der JUNGEN FREIHEIT nachgefragt. 

Die Warnung Kempfs vor einem Erfolg für die AfD halten deutschlandweit 44 Prozent der Befragten für richtig. 23 Prozent sind gegenteiliger Meinung und ein Fünftel (20 Prozent) weiß nicht, wie es dazu steht. In der „alten“ Bundesrepublik ist man geringfügig häufiger der Meinung, daß die Warnung des Industrie-Präsidenten vor der AfD richtig ist (44 zu 41 Prozent). In Sachsen und Brandenburg, wo am 1. September die Landtage gewählt werden und mit AfD-Erfolgen zu rechnen ist, halten 40,7 bzw. 39,4 Prozent die Warnung für angebracht; 29, 6 bzw. 27,8 Prozent finden sie nicht richtig. In Thüringen, wo Ende Oktober gewählt wird, stimmen überdurchschnittlich mehr Kempfs Aussage zu (47,4 Prozent), und auch überdurchschnittlich mehr finden sie nicht richtig (31,8 Prozent). Erwartungsgemäß gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den Befragten AfD-Wählern und den restlichen Wählergruppen: Während 83 Prozent der AfD-Wähler die Aussage Kempfs ablehnen und nur zwei Prozent ihr zustimmen, liegen die restlichen Zustimmungswerte zwischen 42 (FDP) und 74 Prozent (Grüne).

Und wie sieht es bei der Wirkung aus? 14 Prozent der Befragten geben an, daß sie durch die Warnung des BDI-Chefs negativ in ihrer Meinung zur AfD beeinflußt wurden. 46 Prozent verneinen dies und 23 Prozent wissen es nicht. 18 Prozent machen dazu keine Angabe.

Zwischen Befragten aus dem Westen und dem Osten Deutschlands gibt es bei dieser Aussage so gut wie keinen Unterschied. Sehr gering ist die Wirkung der Worte Kempfs in Brandenburg (10,9 Prozent), 56,1 Prozent zeigen sich davon unbeeinflußt. In Sachsen ist das Verhältnis 18,1 zu 44,4 Prozent, in Thüringen 24,9 zu 44 Prozent. Unter den AfD-Wählern geben bundesweit nur sechs Prozent an, daß ihre Meinung über die Partei durch die Kempf-Warnung schlechter wurde. Jedoch gibt es eine sehr starke Mehrheit von 82 Prozent der AfD-Wähler, welche die Aussage ablehnen.