© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/19 / 23. August 2019

DVD: Neun im Fadenkreuz
Scheinbar ohne Motiv
Werner Olles

Mitten in der Sommersaison in Nizza stört ein heimtückischer Mord den fröhlichen Ferienrummel. Ein Immobilienmakler wird während einer Geschäftsbesprechung unter freiem Himmel erschossen. Ein paar Stunden später stirbt ein Badegast beim Sprung vom Sechs-Meter-Brett durch einen Kopfschuß.

Der junge Polizei-Inspektor Carella (Jean-Louis Trintignant) wird mit der Ermittlung der Morde beauftragt und verhört als ersten den zwielichtigen Astrologen und Devisenschieber Kleinberg (Erich Segal), der sich ein Vermögen zusammengeschwindelt hat und mit den Opfern in Verbindung stand. Am nächsten Tag wird auch dieser erschossen. Unter den reichen Bürgern der Stadt macht sich langsam Panik breit, während der Vize-Polizeipräfekt die Morde linksradikalen Terroristen in die Schuhe schieben möchte.

Im Notizbuch eines Opfers entdeckt Inspektor Carella schließlich die Telefonnummer seiner Freundin Jocelyne (Carla Gravina) und trifft sich mit ihr, um sie zu befragen. Jocelyne ist zunächst erfreut, daß sie ihn nach längerer Zeit wiedersieht, aber dann zunehmend verärgert über sein Mißtrauen. Als sie aus dem Haus tritt, trifft sie ein Schuß in die Stirn. Carellas kühler Jagdeifer verwandelt sich nun in blanken Haß gegenüber dem unbekannten Mörder …

Philippe Labros („Der Greifer“, 1975) Kriminalfilm „Neun im Fadenkreuz“ („Sans mobile apparent“, Frankreich 1971) basiert auf dem Thriller „Ten Plus One“ von Ed McBain. Die Geschichte des Polizei-Inspektors Carella, der eine Serie von Morden aufklären muß, die alle mit der gleichen Waffe, aber ohne erkennbar gemeinsames Motiv verübt werden, ist ein in der Darstellung überzeugender Krimi und bis in die Nebenrollen prominent besetzt. Dennoch vermag er den Genre-Fan nicht zufriedenzustellen, da er seine Handlung relativ spannungslos abwickelt. Zudem verschenkt die Regie inhaltlich wie formal auch eine psychologische Vertiefung des Themas und der Figuren. So signalisieren abrupt wechselnde Stimmungen und Eindrücke vom hochsommerlichen Nizza bis zum überraschenden Schluß zwar genüßlich die Nuancen, doch allein durch die Verbindung von Action-Film, Kolportage und Sozialkritik erlebt das Spannungskino alter Tradition noch keine Renaissance.

DVD: Neun im Fadenkreuz. PidaxFilm 2019, Laufzeit etwa 97 Minuten