© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/19 / 23. August 2019

Frisch gepresst

Krieg. Als brutale Apologeten des Imperialismus und Kolonialismus, den britische und französische „Eisenfaust-Generäle“ in Übersee vollstreckten, sind John Stuart Mill und Alexis de Tocqueville weniger bekannt. Im neuen Buch des emeritierten Tübinger Historikers Dieter Langewiesche, das sich der Gestaltungskraft des Krieges in der Moderne widmet, lernt man die hierzulande als liberale Ideologen so geschätzten Denker daher einmal von ihrer „dunklen Seite“ kennen. Überhaupt besteht der Hauptgewinn des Werkes darin, das Weltbild bundesdeutscher Geschichtspolitik aufzuweichen. Etwa das Dogma vom „preußischen Militarismus“, das Langewiesche mit dem so stolzen wie zutreffenden Statement eines englischen Offiziers aus dem Jahr 1905 kontrastiert: „Großbritannien ist nie im Frieden. Teile unserer Armee kämpfen immer irgendwo.“ Empört dürften Exponenten des „Schulddiskurses“ auch auf das Bemühen um die differenzierte Bewertung des Deutschen Kaiserreichs als Kolonialmacht reagieren, die auf „Perspektivenvielfalt“ pocht und keine Einbahnstraße des Genozids „von Windhuk nach Auschwitz“ erkennen will. Warum der Verlag seinen im besten Sinne revisionistischen Autor desavouiert, in dem er dessen vielschichtige Arbeit in einen Umschlag hüllt, der eine übelste antideutsche Klischees bedienende US-Karikatur Kaiser Wilhelms II. zeigt, ist kaum zu begreifen. (ob)

Dieter Langewiesche: Der gewaltsame Lehrer. Europas Kriege in der Moderne, Verlag C. H. Beck, München 2019, gebunden, 512 Seiten, Abbildungen, 52 Euro 





Ludwig Büchner. Georg Büchners jüngerer Bruder Ludwig (1824–1899), Naturforscher, Arzt und Philosoph, ist hierzulande relativ unbekannt, obwohl er gut zehn Bücher verfaßt hat, nicht zuletzt 1878 eine Besprechung über das Testament des Pfarrers Jean Meslier. Armin Geus präsentiert die ausführliche Besprechung des Abbé Meslier (1664–1729), die radikale Streitschrift eines katholischen Priesters gegen Religion, Kirche und Moral, die Marx („Die Religion ist das Opium des Volkes“) und dessen Widerpart Spengler („Das Wesen aller Kultur ist Religion“) in nichts nachsteht und erst nach seinem Tod in drei handschriftlichen Exemplaren gefunden wurde, und „Ludwig Büchners Vortragsreise in die Vereinigten Staaten“ sowie Geus’ Essays „Das vergessene Erbe des Jean Meslier“. (WO)

Armin Geus: Ludwig Büchners Religionskritik. Ein unbekanntes Dokument. Basilisken-Presse, Marburg an der Lahn 2019, broschiert, 72 Seiten, Abbildungen, 13,50 Euro