© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/19 / 30. August 2019

„Mit mir gibt es keine Korruption“
Österreichs Ibizagate: Die SZ-Redakteure Obermaier/Obermayer lassen die Frage nach den Drahtziehern offen
Paul Leonhard

Heinz-Christian Strache sieht sich wieder im Aufwind. Der früherer Vizekanzler Österreichs glaubt sich durch das jüngst veröffentlichte Buch „Die Ibiza-Affäre“ voll rehabilitiert: „Ich werde immer wieder zitiert, wo ich klar und deutlich sage, mit mir gibt es keine Korruption.“ 

Die Autoren hätten deutlich gemacht, daß „es den Lockvögeln sieben Stunden nicht gelungen ist, mich in eine käufliche Situation zu bringen“. Insofern sei das Ibiza-Buch eine „Rehabilitation und eine Klarstellung der Journalisten, die sich im Buch fast schon rechtfertigen für die aus dem Kontext gerissenen Videopassagen, die veröffentlicht wurden“.

Das Resümee der beiden Autoren, Frederik Obermaier und Bastian Obermayer von der Süddeutschen Zeitung, ist aber ein anderes: „Jetzt, nachdem wir alles gesehen haben, sind wir uns sicher, daß Strache tatsächlich eine Gefahr für die Demokratie ist.“ In ihrem Buch zeichnen sie die Ereignisse seit jenem Wochenende im Sommer 2017 nach, an dem der damalige FPÖ-Spitzenkandidat Strache und sein Parteifreund Johann Gudenus, FPÖ-Fraktionschef, in einer gemieteten luxuriösen Villa in eine Falle tappten, die ihnen von immer noch unbekannten Personen gestellt worden war. 

Als Spiegel und Süddeutsche am 17. Mai 2019 einen knapp sieben Minuten langen Zusammenschnitt des ihnen übergebenen, heimlich aufgenommenen, stundenlangen Videomaterials veröffentlichten, löste das in Österreich ein politisches Erdbeben aus. 

Es folgten Ermittlungen, wechselseitige Beschuldigungen. Eine Sonderkommission „Ibiza“ wurde im Bundeskriminalamt gebildet, deren Neubesetzung die FPÖ inzwischen fordert, weil die leitenden Ermittler eine zu große Nähe zur ÖVP-Spitze hätten. 

Verwirrung um Straches Zukunft

Die Wähler sind Strache ohnehin nicht böse. Daß Strache unfreiwillig ein „Sittenbild eines Politikers“ zeichnet, dem es nur um „Macht und Unterwanderung der Strukturen zu gehen scheint“, wie der Kurier schreibt, und es  offenbar üblich ist, daß die Industrie ihre Parteispenden am Rechnungshof vorbeilenkt, regt die Österreicher kaum auf. 

Trotz des Skandals gewann Strache bei den Europawahlen ausreichend Stimmen für einen Sitz, allerdings verzichtete er. Während der designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer ein Polit-Comeback Straches zumindest so lange ausschließt, wie die Ermittlungen gegen diesen nicht eingestellt sind oder ein Verfahren in einem Freispruch geendet hat, ist sich Florian Klenk, Chefredakteur des Falter, sicher, daß Strache 2020 bei der Landtagswahl in Wien wieder kandidieren wird. 

Strache selbst sorgte Ende vergangener Woche für Verwirrung, als er seinen Wechsel in die Immobilienbranche bekanntgab und kurz darauf dementierte. Nun gönnt er sich eine dreiwöchige Auszeit als Hausmann mit Sohn Hendrik: „Ich muß mich einfach selbst finden, mir war zuletzt alles zuviel.“

Frederik Obermaier/Bastian Obermayer: Die Ibiza-Affäre. Kiepenheuer & Witsch, 2019, broschiert, 268 Seiten, 16 Euro