© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/19 / 30. August 2019

DVD: Tausend Augen
Flucht aus der Peepshow
Werner Olles

Die Meeresbiologin Gabriele (Barbara Rudnik) ist angeödet vom kalten, winterlichen Deutschland und sehnt sich nach der Wärme Australiens, wo ihr Freund auf sie wartet. Ihre Träume und Hoffnungen scheitern jedoch am Geldmangel, und so verdingt sie sich als „Tänzerin“ in der Peepshow von Arnold (Armin Müller-Stahl), einem schweigsamen, undurchsichtigen Mann, in dessen Etablissement sie sich nun vor den Augen brünstiger Männer entblättern muß.

Arnold, der eigentlich von der Raubkopierei in seinem schmuddeligen Hinterzimmer lebt, erweist sich als eine gestrandete und verlorene Existenz, die von Lohmann (Gudrun Landgrebe), einer androgynen Frau, kontrolliert wird. Lohmann entpuppt sich schließlich als die wahre Drahtzieherin hinter der illegalen Videopiraterie. Gabrieles einzige Vetrauenspersonen sind der Taxifahrer Schirmer (Peter Kraus) und der Türkenjunge Mehmet, der sich in sie verliebt hat und sie nicht mehr aus den Augen läßt. Denn Gefahr droht Gabriele von dem Killer Kargus (Peter Behrens), der sie im Auftrag von Lohmann zum Schweigen bringen soll, da sie um das Geheimnis des Raubkopierens weiß. Bevor Gebriele ihrer trüben Existenz endlich entfliehen kann, muß sie sich Kargus stellen …

„Tausend Augen“, 1984 inszeniert und geschrieben von Hans-Christoph Blumenberg („Kanzleramt“, „Die letzte Schlacht“) ist eine Parabel über die Unerfüllbarkeit menschlicher Sehnsüchte in einem exakt beobachteten Lebensmilieu. Doch mangelt es dem ansonsten bemerkenswerten Erstlingsfilm Blumenbergs an direkter Sinnlichkeit in der Personenführung, die alle auf eine seltsame Art und Weise kalt und abweisend wirken. Sein gut gemeinter Versuch, bewährte Kino-Mythen neu zu beleben, bleibt nur allzu oft in bloßen Filmzitaten und Gastauftritten (Jean-Marie Straub, Wim Wenders, George Miller, Philip Noyce und Blumenberg selbst) stecken.

Spröde und distanziert als verhaltener „Erotik“-Thriller inszeniert und geprägt von einer großartigen Barbara Rudnik, ist „Tausend Augen“ – an pittoresken Original-Schauplätzen in Hamburg gedreht – von einer beklemmenden Atmosphäre. In seinen Mystifikationen und Film-Noir-Ansätzen ist er jedoch zu artifiziell und kühl und kann daher deren filmische Qualitäten nicht erreichen.