© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/19 / 30. August 2019

Tschüßle, Taubertal?
Weikersheim soll künftig nicht mehr im Schloß tagen
Christian Vollradt

Es war einmal. So beginnen Märchen. Oder Berichte aus einer Zeit, die so lange her ist, daß sie rückblickend geradezu märchenhaft erscheint. Es war einmal ein Studienzentrum, das in einem Schloß tagte. Muß so ein Bericht über Weikersheim beginnen? Nein, die Vergangenheitsform ist unangebracht. Noch.

Vom 6. bis zum 8. September findet die 42. Jahrestagung des Studienzentrums Weikersheim (SZW)statt – wie üblich in der Orangerie des gleichnamigen Schlosses. Thematisch steht das Treffen diesmal unter dem Motto „Geldpolitik – Crash oder Wende?“ Neben einem Vortrag von SZW-Präsident Karl Albrecht Schachtschneider über „Staatsschulden – ein überschätztes Problem?“ referiert unter anderem der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Peter Boehringer (AfD) über geldpolitische Entscheidungen in Berlin.

„Ausschließlich für   kulturelle Zwecke“

Doch diese Jahrestagung wird wohl die letzte sein im repräsentativen Renaissancebau mit dem dreiachsigen Barockgarten im wunderschönen Taubertal. Schriftlich teilte die staatliche Schloßverwaltung dem Studienzentrum mit, man werde dieses Jahr zum letzten Mal die Räume für die Veranstaltung zur Verfügung stellen können. Denn: „Das Finanzministerium hat entschieden, daß kulturhistorisch bedeutsame Monumente als einzigartiges Erbe des Landes Baden-Württemberg ausschließlich kulturellen Zwecken vorbehalten  sein sollen.“ Dazu zählten auch Schloß und Schloßgarten Weikersheim. „Wir sind“, so heißt es weiter, „gehalten, in Zukunft nur noch parteipolitisch neutrale Veranstaltungen zuzulassen.“

SZW-Geschäftsführer Daniel Tapp wurde vom Schreiben kalt erwischt: „Für uns ist die Kündigung nicht nachvollziehbar. Die Begründung des grünen Finanzministeriums erscheint uns vorgeschoben“, teilte er der JUNGEN FREIHEIT mit. Das SZW sei parteipolitisch ungebunden, betont er: Die Veranstaltung kann grundsätzlich von jedermann besucht werden.“ Ganz aufgeben will Tapp die Hoffnung, auch künftig im Schloß tagen zu können, nicht. „Wir werden die Angelegenheit genau prüfen.“

Und die Zeiten, da Regierungsmitglieder aus Stuttgart die „christlich-konservative Denkfabrik der bürgerlichen Mitte“ (so 2007 CDU-Innenminster Heribert Rech) offen unterstützten? Sie waren einmal. Denn die Grünen, damals empört darüber, regieren heute das Land – mit der CDU.