© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Linkspartei in der Krise
Endlich wieder Streit
Paul Leonhard

Die sächsischen Linken hätten Ministerpräsident Michael Kretschmer glauben sollen, der frühzeitig jede Zusammenarbeit mit ihnen ausgeschlossen hatte. Stattdessen haben sie aber ihr „politisches Profil durch den fast unbedingten Willen zur Regierungsbeteiligung gründlich geschliffen“. Und in Brandenburg? Da habe die Linkspartei nach zehn Jahren „im Kabinett nichts Eigenes vorzuweisen, es sei denn gebrochene Versprechen“. Treffender als die sozialistische Tageszeitung Junge Welt kann man das Dilemma der Linken nicht auf den Punkt bringen.

Daß sie nicht mehr die Stimme der Unzufriedenen ist, zeigen die Verluste von jeweils acht Prozent gegenüber 2014. Linke Ideen – auch die der SPD  – kommen bei der Mehrheit der Deutschen nicht mehr an, auch nicht bei der Jugend, wie Umfragen unter den noch nicht wahlberechtigten Bürgern zeigen.

Zu Recht kritisieren prominente Linke wie Sahra Wagenknecht den Wandel der einst eher biederen SED-Nachfolger zu einer grün-liberalen Lifestylepartei. Der Aufstand der Genossen – darunter des Thüringer Kulturministers Benjamin-Immanuel Hoff, der einen Neuanfang bei Bundespartei und Bundestagsfraktion fordert – kommt aber für Bodo Ramelow, der in Thüringen seine Koalition gern weiterführen möchte, zu früh. Er braucht Stabilität bis zum 27. Oktober, wenn gewählt wird. Dann aber kann es losgehen: endlich wieder Streit ohne Tabus.