© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Manipulation zur „Klimakrise“ in der Wikipedia
Lexikon mit Haltung
Stefan Michels

Bemerkenswert einseitig und ehrenrührig, aber Prädikat „lesenswert“: Noch vor wenigen Jahren wäre die tendenziöse Behandlung des Themas Klimawandel in der Online-Ezyklopädie Wikipedia unmöglich gewesen. Der Fall „Andol“ zeigt, daß die Selbstreinigungskräfte des Lexikons stark nachgelassen haben. Ein Grüner hat praktisch im Alleingang Einträge zu dem Thema verfaßt – und sich selbst zitiert. Die Pathologisierung der „Klimaleugner“ ist also kein Zufall.

Haltungswikipedianer mit zu starken Überzeugungen sind zwar kein neues Phänomen. Sie bilden aufgrund ihrer Produktivität in gewisser Weise sogar das Rückgrat von Wikipedia. Ihre Toxizität hielt sich aber nur so lange in Grenzen, wie das Gleichgewicht der Kräfte in der Autorenschaft zumindest leidlich gewahrt blieb. Wo aber Nutzer ganze Wissensfelder ungestört im Einmannbetrieb beackern können, bekommt der Leser nicht das Produkt von Schwarmintelligenz serviert, sondern selbstreferentielle Wahrheitssysteme untergeschoben. 

Die hierarchiearme Konzeption gereicht dem Projekt hier zum Nachteil. Überdies leidet die Meinungsvielfalt seit jeher an einer strukturellen Schwäche: Bezieher von Transfereinkommen stellen das Gros der Autoren, denn Zeit ist neben Wissen der wichtigste Faktor für die Artikelarbeit. Damit reproduziert Wikipedia tendenziell die Weltsicht eher links orientierter Schichten – und wird zwangsläufig einseitig.