© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Aufgeschnappt
Regenbogen-Timeout
Matthias Bäkermann

Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten – diese Fußballweisheit hat schon lange keinen Bestand mehr. Meist geben heute die Schiedsrichter noch etwas Nachschlag, um Spielverzögerungen auszugleichen. Seitdem in Frankreich Mitte August erstmals ein Ligaspiel wegen homophober Rufe der Fans unterbrochen wurde, bahnt sich jetzt an, daß sich im – vorerst nur französischen – Profifußball ein neues „Regenbogen-Timeout“ zu etablieren scheint.

Dieser Abbruch des Zweitligaspiels zwischen Nancy und Le Mans hatte die Aufmerksamkeit der politischen Führung Frankreichs erregt. Sportministerin Roxana Maracineanu und die Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa, lobten die „mutige Unterbrechung“ von Schiedsrichter Mehdi Mokh-tari als beispielgebend. Vergangene Woche erreichte die neue Praxis nun auch die Ligue 1 im Topspiel zwischen OGC Nizza und Olympique Marseille. Ultrafans von Nizza beleidigten die Derbyrivalen der südfranzösichen Hafenstadt auf den Rängen lauthals als „Schwuchteln“, was den Schiri zum zehnminütigen Spielabbruch nötigte und er sogar drohte, die Teams in die Kabinen zu schicken. Auch zwei weitere Erstligaspiele bei Stade Brest und AC Monaco wurden wegen homophober Sprechchöre minutenlang gestoppt.