© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

„Medienkompetenz“ taugt nicht als sinnvoller Schulstoff
Bildungsoffensive ohne Inhalt
(dg)

Wenn die 200 Jahre alte Charakterisierung Wilhelm von Humboldts noch zutrifft, daß Schulwissen einen kanonischen Charakter hat, dann, so folgert der Münchner Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin, „gehört die Einübung des Umgangs mit digitalen Endgeräten nicht zum sinnvollen Schulstoff“. Darum kranke die 2016 vom Bundesbildungsministerium gestartete „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“ an einem elementaren Geburtsfehler. Sie propagiere keine Inhalte, sondern wolle nur die „Vermittlung von Medienkompetenz“ und den „Umgang mit den neuen Technologien“ fördern. Damit werde etwas in den Mittelpunkt gerückt, was für die jüngere Generation der digital natives ohnehin selbstverständlich sei und als einmal erworbenes Nutzerwissen angesichts rasanter technologischer Veränderungen nicht lange vorhalte, also nie „kanonischen Charakter“ habe (Max Planck Forschung, 2/2019). Was stattdessen benötigt werde sei „Persönlichkeitsbildung“, die auf „selbständiger Urteilskraft“ beruhe, da nicht nur junge Menschen im digitalen Datenuniversum rasch die Orientierung verlören. Ohne Erziehung zu eigenständigem Vernunftgebrauch seien individuelles „Autonomiepotential“ und Kritikfähigkeit gegenüber Manipulationen „sozialer Medien“ gering. Auch gegen die der GEZ-Medien, die Nida-Rümelin unerwähnt läßt. 


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