© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Frisch gepresst

Liberalismus. Im 17. Jahrhundert, ausgehend von England, gewann die Vorstellung im politischen Denken an Raum, der Mensch habe kraft seiner Vernunft von „Natur“ aus gegenüber dem Staat Anspruch auf eine selbstbestimmte Existenz. Wie diese Leitidee des Liberalismus in Deutschland rezipiert und in praktische Politik umgesetzt worden ist, verfolgt der Freiburger Historiker Hans Fenske über 300 Jahre hinweg. Bis hin zur Entscheidung, es sei besser gar nicht als schlecht zu regieren, mit der es FDP-Chef Christian Lindner im Herbst 2017 begründete, nicht in eine Jamaika-Koalition unter Angela Merkel einzutreten. In Fenskes Darstellung resultiert diese Weigerung aus der „unverkennbar schwierigen Situation“, in der sich die FDP nicht erst seit der letzten Bundestagswahl befindet. Denn die Partei habe sich spätestens in der Weimarer Republik totgesiegt, weil es seither keinen Patentschutz mehr gibt auf die ursprünglich bürgerlich-liberale Ideologie der „Freiheit“, die zum Gemeingut auch anderer Parteien geworden ist. So gaben 47 Prozent der Wähler, die ihr Kreuz bei Schwarz, Rot oder Grün setzten, bei einer Erhebung 2012 an, sie hielten sich für „Liberale“. Der Liberalismus im politischen Bewußtsein ist also noch präsent, wirkt aber als Partei überflüssig. Mit diesem Fazit endet Fenskes mit ihrem reflektierenden Stil beeindruckende Geschichte einer politischen Idee, die im 19. Jahrhundert den Höhepunkt ihrer Wirkungsmacht erreichte. (dg)

Hans Fenske: Der deutsche Liberalismus. Ideenwelt und Politik von den Anfängen bis zur Gegenwart. Lau Verlag, Reinbek 2019, gebunden, 872 Seiten, Abbildungen, 39,95 Euro





Juden in Arabien. Die „World Organisation for Jews from Arab Countries“ wurde 1999 aufgelöst, sie war schlicht unnötig geworden, weil von den einst 900.000 Juden zwischen Bagdad und Casablanca nur noch eine Handvoll dort lebten. Der französische Historiker Georges Bensoussan, Sohn aus Marokko stammender Juden, hinterfragt den Mythos, daß dieser Exodus nur durch das vergiftete Klima seit dem Israel-Palästina-Konflikt 1948 begründet sei und ob zuvor jahrhundertelang ein einträgliches Miteinander geherrscht habe. Bensoussan bezeichnet letzteres jedoch als „goldene Legende“, da das Dasein als Dhimmi in der muslimischen Umgebung, also als geduldeter Beschützter, schon immer prekär und gefährlich war. (bä)

Georges Bensoussan: Die Juden der arabischen Welt. Die verbotene Frage. Verlag Hentrich & Hentrich, Berlin 2019, broschiert, 191 Seiten, 19,90 Euro