© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Haltungsnote
Ein Forscher twittert sich ins Aus
Lukas Steinwandter

Im ZDF wird Michael Lühmann als „Parteienforscher am Göttinger Institut für Demokratieforschung“ vorgestellt. Schwerpunkt: „Rechtsruck in der deutschen Gesellschaft durch AfD und ‘Pegida’“. Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg durfte er prominent die Ergebnisse kommentieren. Erklärte hier ein neutraler Experte, warum es etwa mehr „Zivilgesellschaft“ brauche, um die AfD zu bremsen? Wer am Sonntag abend einen Blick auf Twitter warf, könnte daran zweifeln. Der Politologe zwitscherte: „Jeder dritte männliche Wähler in Sachsen hat mutmaßlich Scheiße im Kopf (weil er entweder ein Drecksnazi ist oder weil er glaubt, eine Drecksnazipartei wählen zu müssen, ohne Nazi sein zu wollen).“ Tags darauf versuchte er seine Äußerung zu relativieren, indem er praktisch nur den Begriff „Nazi“ durch „rechtsextrem“ ersetzte. Nun darf natürlich auch ein Forscher eine derart extreme Haltung haben und äußern. Er sollte sich dann aber nicht wundern, wenn er nicht ernst genommen wird. Übrigens löschte Lühmann seinen Tweet. Aber nicht weil er „es falsch getroffen“ habe oder wie im Fall der Rechtsextremismus-Studie 2017, als sein Team nach Kritik aufgestellte Behauptungen nicht mit Daten belegen konnte, „sondern weil er zu viel braunen Mist in die Timeline spült“.