© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/19 / 13. September 2019

„Ökosoziale Marktwirtschaft“
Klimastrategie der CSU: Die radikale Vermeidung von CO2 hat einen hohen Preis
Björn Beiersdorf

Greta Thunberg und grüne Wahlerfolge sind ein Phänomen europäischer Wohlstandsinseln. Das erklärte, warum die CSU so panisch regiert: „Wir müssen entschieden handeln! Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um eine Chance im Kampf gegen den Klimawandel zu haben“, heißt es in der vom Parteivorstand einstimmig beschlossenen „Klimastrategie“. Das klingt wie von der Schulschwänzerbewegung „Fridays for Future“ abgeschrieben. Aus der „Sozialen“ wird unter CSU-Parteichef Markus Söder die „Ökosoziale Marktwirtschaft“.

Die „Verbots- und Verteuerungsideologie der Grünen“ wird zwar als „Projekt der kosmopolitischen Elite zu Lasten der Menschen mit kleinen Einkommen“ verdammt. Eine CO2-Steuer wird abgelehnt, aber auch die CSU will „die ausgestoßene CO2-Menge steuern und begrenzen“: Denn wird der 2005 gestartete EU-Emissionshandel auf Verkehr und Gebäude ausgeweitet, müssen beispielsweise auch Raffinerien oder Ölkonzerne CO2-Zertifikate kaufen. Und diese legen die „CO2-Bepreisung“ natürlich auf den Sprit- und Heizölpreis um.

Da die CO2-„Emissionsrechte“ inzwischen nicht mehr kostenlos an bestimmte Industriezweige verteilt werden, sondern laut EU-Kommission zu 57 Prozent von den Mitgliedsstaaten „versteigert“ werden, bekommt der Fiskus wie bei einer CO2-Steuer Zusatzeinnahmen. Einmal auf dem Markt, können sie an der Börse gehandelt werden. Müssen dank CSU nun auch Raffinerien „Emissionsrechte“ erwerben, steigt ihr Preis – und Klimapaniker wie Börsenspekulanten freuen sich gleichermaßen. Aber anders als Grüne und SPD, die eine CO2-Steuer fordern, sind die CSU sowie die Emissionshändler bei CDU und FDP fein raus: Wenn Aral, Esso, Shell & Co. an der Preisschraube drehen, liegt das zumindest nicht an Steuererhöhungen. 

Auch ein Emissionshandel treibt die Preise nach oben

Hinzu kommt: Bei einer CO2-Steuer läßt sich die Preiserhöhung vorausberechnen. Bei 40 Euro pro Tonne CO2 würden sich Diesel und Heizöl um 10,8 Cent pro Liter verteuern. Bei 180 Euro pro Tonne wären es 48,6 Cent pro Liter. Wohin ein „wirksamer Emissionshandel“ die Preise treibt, verrät die CSU nicht: „Die Vermeidung von CO2 hat einen Preis.“ Und der muß im ländlichen Bayern offenbar schmerzen, denn warum sollte sonst die Entfernungspauschale für Berufspendler angehoben werden?

Auf Widerstand stößt aber allenfalls das CSU-Plastiktütenverbot. Denn während der ADAC einst lautstark gegen jede Mineralöl- oder Ökosteuererhöhung wetterte, hält der heutige Vizepräsident Gerhard Hillebrand schnelle Entscheidungen für unverzichtbar, um den CO2-Ausstoß im Verkehr zu reduzieren. Zur CSU-„Klimastrategie“ wollte die Müncher Presseabteilung des 20,7 Millionen Mitglieder starken Vereins keine Stellung beziehen. Der kleinere Automobilclub von Deutschland (AvD) äußerte sich hingegen klar: Ein CO2-Preisaufschlag sei unsozial, da Kraftstoffe durch Energie- und Mehrwertsteuer sowie Erdölbevorratungsabgabe bereits dreifach (60 Prozent des Benzinpreises) belastet seien. Die CSU wirke wie ein „aufgescheuchtes Hühnchen“, meinte AvD-Pressesprecher Malte Dringenberg. Deutschland solle zwar „zum Leitmarkt für Elektrofahrzeuge“ werden, aber E-Autos seien problembehaftet, angefangen bei mangelnder Ladeinfrastruktur bis zu den gravierenden Umweltfolgen der Akkuherstellung und dem Recycling.

Der Chef des Eigentümerverbands „Haus & Grund“, Kai Wernicke, findet, eine CO2-Bepreisung sei nur akzeptabel, wenn sich der Staat nicht bereichere. Zudem müßten dann alle weiteren Steuern, die „lenkend auf den Energieverbrauch wirken sollen“, entfallen. Jubeln können hingegen die Erdgasexporteure, denn für die CSU ist klar: „Wer aus Kohle- und Kernkraft aussteigt, muß in andere Energieträger einsteigen. Gas ist das Backup, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.“ Wenn zudem dank Abwrackprämie Gas- Ölheizungen ersetzen, dann freuen sich Hersteller wie Handwerker.

 csu.de/