© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 39/19 / 20. September 2019

Ulrich Kulke. Der taz-Mitgründer sorgt mit seiner AfD-Sympathie für Unmut.
Völliger Quatsch
Werner Olles

Politische und religiöse Konvertiten haben es oft nicht leicht. Gern gesehen sind zwar jene, die vom Linksradikalismus zum Linksliberalismus wechseln – was nur ein kleiner Schritt ist, mit dem man es sogar zum Außenminister und Vizekanzler bringen kann. Und immerhin als „interessant“ gilt, wer hierzulande zum Islam übertritt. Moslems dagegen, die zum Christentum finden, müssen um ihr Leben fürchten und Renegaten von links zum Konservativismus werden, wenn sie nicht aufpassen, ganz schnell nach Kräften diffamiert. 

Einer der inzwischen ganz genau aufpassen muß, ist der taz-Mitgründer Ulrich „Ulli“ Kulke, heute preisgekrönter Sachbuchautor („Die großen Entdecker“, „Alexander von Humboldt“, „Wernher von Braun und der Wettlauf zum Mond“). Geboren 1952 in Benthe bei Hannover, stellte der junge Linke 1978 die alternative tageszeitung mit auf die Beine. Schließlich wurde der VWL-Student Redakteur für „Betrieb und Gewerkschaft“ und – nach einer Zwischenstation als Referent der ersten grünen Bundestagsfraktion – ab Mitte der Achtziger ihr Wirtschaftsredakteur. In den neunziger Jahren wechselte er zur Öko-Zeitschrift natur, zur Wochenpost und war danach bis 2001 Vize-Chefredakteur der Kultur- und Reisezeitschrift mare.

Dann kam das, was er sich als tazler nie hätte träumen lassen – sein Wechsel zu Springer, erst zur Welt, dann zur Welt am Sonntag und zu welt.de mit seinem Blog „Donner und Doria“ , wo er mit den zum Teil fragwürdigen Thesen des Weltklimarats aufräumt. Inzwischen erscheinen seine Beiträge auch auf Henryk M. Broders Portal Achse des Guten und bei EIKE, dem Verband der Klimawandel-Skeptiker. Kulke lästert über „Weltuntergangspropheten“, findet daß die Rolle des CO2 bei der Erderwärmung völlig überschätzt werde, und argumentiert, natürliche Klimaschwankungen seien seit Jahrmillionen die Regel und nicht die Ausnahme. Auch unterzieht er die Energiewende einer scharfen Kritik und hält den Linksruck der CDU für verheerend. 

Daß die Grünen heute die von Journalisten am häufigsten gewählte Partei sind, stößt ihn ab. Seinen Abschied vom linken Lager erklärt er so: „Ich habe nach und nach gemerkt, daß viele Parolen völliger Quatsch sind.“ Die Finanzhilfen für Griechenland hielt er von Beginn an für illegal, die CDU-Zuwanderungspolitik und den Umgang mit der AfD für unverhältnismäßig. Er möchte, daß die Partei sich unter neuer Führung zur koalitionsfähigen Alternative wandelt. Für solche und ähnliche Kommentare erhält er Morddrohungen und verliert Freunde.

Doch Ulli Kulke hat begriffen, daß es kein Beitrag zur Gesellschaftskritik ist, ins allgemeine Weltoffenheitsgesumme einzustimmen. Und an der intellektuellen Selbstverabschiedung der Grünen und Linken teilzunehmen, kommt für ihn schon längst nicht mehr in Frage.