© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 39/19 / 20. September 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ein besonderer Gast
Christian Vollradt

Einen Blick hinter die Kulissen des Parlamentsbetriebs zu werfen, die sonst nicht frei zugänglichen Gebäude des Bundestags zu besichtigen, die historischen Fräcke der Saaldiener zu bewundern oder mit aktuellen Abgeordneten verschiedener Fraktionen zu plaudern – diese Gelegenheit nahmen etwa 23.000 Interessierte beim diesjährigen „Tag der Ein- und Ausblicke“ war. Gäste wie Gastgeber waren rundum zufrieden, legen die Veranstaltungsberichte nah. Auf einen Besucher hätte man indes wohl lieber verzichtet: Franko A. Laut Informationen der JUNGEN FREIHEIT hat die Bundestagspolizei die Sicherheitsbeauftragten aller Fraktionen nun darüber unterrichtet, daß sich der frühere Bundeswehroffizier, gegen den der Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts ermittelte, im Bundestag aufgehalten hatte. A. sei demnach vom Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten erkannt worden, als er an den Ständen verschiedener Fraktionen Gespräche führte. Nachdem die Bundestagspolizei den Hinweis erhalten habe, hätten die Ordnungshüter des Parlaments den Betreffenden von den umstehenden Personen isoliert und seine Personalien aufgenommen. Dabei habe man die Identität A.s festgestellt. 

Der ist seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft im November 2017 ein freier Mann. Anders als die Bundesanwaltschaft sah das Oberlandesgericht Frankfurt am Main keinen hinreichenden Verdacht für die Vorbereitung eines Anschlags (JF 6/19). Die Sache liegt derzeit zur Entscheidung beim Bundesgerichtshof. Ungeachtet dessen gelten normalerweise im Bundestag strenge Zutrittsregeln. Die seien für die Veranstaltung bewußt teilweise außer Kraft gesetzt worden, um möglichst vielen Besuchern Einblick in die Arbeit des Parlaments bieten zu können, habe die Bundestagspolizei den Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen mitgeteilt. Daher sei man auf A. zunächst noch nicht aufmerksam geworden, als er den Bundestag betrat.

Aus der Pressestelle des Bundestags hieß es dazu lediglich: „Der Bundestag gibt zu Fragen nach dem Aufenthalt bestimmter Personen in seinen Liegenschaften grundsätzlich keine Auskunft.“ Ebenso verhalte es sich „bei Fragen, die die Sicherheit des Hauses betreffen“, teilte ein Sprecher mit. Diese nachträgliche Heimlichtuerei steht in einem gewissen Kontrast zur sonstigen medialen Aufgeregtheit über angebliche rechtsextreme Netzwerke, die im Zusammenhang mit dem Fall Franco A. stehen sollen. Die seien „heute für unsere Demokratie so gefährlich wie noch nie nach 1945“, meinte etwa der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz. 

Einem solchen „rechtsextremen Bundeswehrnetzwerk um Franco A.“ (Spiegel) zugerechnet wurde auch ein Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Jan Nolte (AfD). Ungeachtet der Tatsache, daß der Generalbundesanwalt ein entsprechendes Ermittlungsverfahren bereits eingestellt hatte (JF 11/19). Eben jener Bundeswehroffizier, dessen Anstellung im Bundestag die Grünen als Sicherheitsrisiko bezeichnet hatten, war es übrigens, der den Besucher beim Tag der offenen Tür  identifiziert hatte: Als A. gerade am Stand der Grünen-Fraktion plauderte.