© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/19 / 27. September 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Dem deutschen Steuerzahler
Paul Rosen

Volksvertreter sind den Steuerzahlern lieb und teuer – vor allem teuer. Ein Blick in den Entwurf des Bundeshaushalts von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für das kommende Jahr offenbart einen Rekord: Erstmals sollen die Ausgaben für den Deutschen Bundestag die Milliarden-Grenze übersteigen. 

Der Bundeshaushalt besteht aus verschiedenen sogenannten Einzelplänen. Traditionell beginnt der Gesamtetat mit dem Einzelplan 01 für den Bundespräsidenten, dessen relativ kleines Amt im kommenden Jahr 44,7 Millionen Euro kosten soll. Einzelplan 03 ist der Bundesrat, der sogar mit nur 39,4 Millionen Euro auskommen soll. Dazwischen ist der Bundestag mit seinen 709 Abgeordneten, und deren Einzelplan 02 kommt die Steuerzahler richtig teuer zu stehen: 1,02 Milliarden Euro sind für das Parlament vorgesehen. In diesem Jahr sind es mit 991 Millionen etwas weniger, und 2018 kamen die Abgeordneten noch mit 895 Millionen aus. Damit hat der Bundestagsetat inzwischen die Kosten für das Justizministerium übertroffen, für das im kommenden Jahr 912,2 Millionen Euro vorgesehen sind.  

Umgerechnet auf die Abgeordneten heißt das, daß im nächsten Jahr pro MdB rund 1,44 Millionen Euro anfallen werden. Darin ist aber auch alles an Kosten für den Bundestagsbetrieb enthalten – zum Beispiel 82,4 Millionen Euro für die Diäten (monatlich 10.083,47 Euro pro Abgeordnetem seit 1. Juli 2019) sowie 37,4 Millionen Euro für die Kostenpauschale der Abgeordneten, deren tatsächlicher Wert (4.418 Euro) doppelt so hoch anzusetzen ist, weil sie steuerfrei ausgezahlt wird. Für die Pensionen ehemaliger Abgeordneter sollen 51,3 Millionen Euro fällig werden.

Fast ein Viertel des Bundestagsetats geht für die Mitarbeiter der Abgeordneten drauf: 257 Millionen Euro sind hierfür angesetzt. 2018 waren es erst 216 Millionen Euro. Beinahe bescheiden muten dazu im Vergleich die Ausgaben für die Bundestagsfraktionen an, die im Verhältnis zu deren Stärke aufgeteilt werden: 117,6 Millionen Euro stehen für die sechs Fraktionen im Etat. Die Fraktionen dürften sich in der nächtlichen Schlußberatung des Haushaltsausschusses kurz vor der Abstimmung im Bundestag noch einen großen zusätzlichen Schluck aus der Steuerpulle für ihre Zwecke genehmigen.

Weitgehend unbekannt und unbemerkt von der Öffentlichkeit ist die Verwaltung des Parlaments. Es handelt sich dabei beileibe nicht nur um Pförtner und Saaldiener. „Zur Unterstützung seiner Arbeit ist beim Deutschen Bundestag eine Verwaltung eingerichtet“, heißt es lapidar im Haushaltsgesetz. Auf Grundlage dieses Satzes ist in Jahrzehnten eine oberste Bundesbehörde gewachsen, deren Personalbestand von 2.664 Stellen selbst den des Finanzministeriums mit 1.974 Stellen (ohne nachgeordnete Bereiche) in den Schatten stellt. Von der Ausarbeitung von Schriftstücken über das Vorbereiten von Reisen bis zur Beschaffung von Toilettenpapier liest diese Behörde den Abgeordneten fast jeden Wunsch von den Lippen ab. Daß pro MdB etwa dreieinhalb Verwaltungsmitarbeiter bereitstehen, macht die üppige Ausstattung dieser Institution deutlich.