© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Verstörende Gewaltphantasien
Antisemitismus: Ein geplanter Auftritt von zwei palästinensischen Rappern auf einer Kundgebung sorgt in der Hauptstadt für Unruhe
Martina Meckelein

Die Hauptstadt ist haarscharf an einem Skandal entlanggeschlittert. Zwei palästinensische Rapper wollten auf einer Demo direkt vor dem Brandenburger Tor israelfeindliche Lieder singen. Doch in letzter Minute verbot die Innenverwaltung ihren Auftritt.

„Solidaritätskundgebung mit palästinensischen Kulturdarbietungen“: Mit diesen Worten pries die Internetseite palaestina-solidaritaet.de für vergangenen Mittwoch um 17 Uhr eine Veranstaltung an. Organisator soll das Palästina Haus-Berlin e. V. gewesen sein, das vor rund zwei Wochen, so das Boulevardblatt B.Z., die Kundgebung angemeldet habe. Das Motto lautete ganz unverfänglich: „Palästina-Frage“. 

Als Höhepunkt der Kundgebung war ein Auftritt des Rapper-Duos Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjar vorgesehen. Die Männer sind seit Jahren bekannt. Schon Tage vor dem geplanten Auftritt berichtete die Presse ausgiebig über die beiden Palästinenser: „Ihr Markenzeichen: Haß auf Juden und verstörende Gewaltphantasien“, so die B.Z. Doch die Berliner Senatsverwaltung schwieg.

Berliner Verwaltung verbietet die Vorführung

Währenddessen genossen die beiden Palästinenser ihren Besuch in der Hauptstadt. Sie müssen schon einige Tage zuvor nach Deutschland mit Visum eingereist sein. Im Internet kursiert ein Foto, das sie gemeinsam mit Khouloud Daibes, der Botschafterin der palästinensischen Vertretung in Berlin, zeigen soll, mutmaßlich aufgenommen am Montag, den 23. September in der Mission. 

Am Mittwoch, kurz vor 17 Uhr, fuhr ein Leih-Lkw auf den Pariser Platz. Auf seiner Pritsche hängten Männer ein großes Plakat des Palästina-Haus-Berlin e.V. auf, stellten Lautsprecher auf. Der Kundgebungsplatz war mit Gittern abgesperrt. 130 Polizisten sicherten den Ort. Immer mehr Männer mit Palästinenserfahnen und schwarzweiß karierten Arafat-Tüchern spazierten auf den Platz. Viele Frauen mit Kinderwagen und Kopftüchern folgten.

 Zum Auftritt der Haß-Rapper kam es dann doch nicht. Die Berliner Verwaltung hatte ihn kurz zuvor verboten. Später wird in einer Pressemitteilung aus dem SPD-geführten Innenressort zu lesen sein: „Die Musiker bedienen in ihren Liedern und Videos klassische antisemitische Vorurteile und verwenden eine nicht hinnehmbare Vernichtungsrhetorik – zum Beispiel in dem Lied ‘Strike a blow at Tel Aviv 2’. Darin geht es um die Bombardierung Tel Avivs und anderer israelischer Städte durch den ‘palästinensischen Widerstand’. Es geht um die ‘gewaltsame’ Rache an Israel, Tel Aviv solle ‘zertrampelt“ werden.’“

Zwar hielten sich die Veranstalter an das Verbot, nach verschiedenen Darstellungen seien allerdings deren Lieder vom Band abgespielt worden. Gezeigt wurde auch mindestens eine Flagge der Fatah. Die Partei ist die stärkste Fraktion innerhalb der Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). Sie ging aus der von Jassir Arafat 1959 gegründeten Guerillaorganisation hervor und bildete RAF-Terroristen wie Andreas Baader und Gudrun Ensslin aus. Sie versteht sich als antizionistisch und ist Vollmitglied der Sozialistischen Internationale.

 Es ist kein Wunder, daß auf dem Pritschenwagen der Palästinenser ein kleineres Plakat mit zwei Zeitungslogos hing. Waren es doch die Medien, die kritisch über den geplanten Auftritt der Haß-Rapper berichteten. Auf ihm stand in arabischer Schrift sinngemäß: Palästinenser sind für diese Zeitungen schuldig, bis sie ihre Unschuld bewiesen haben.