© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/19 / 11. Oktober 2019

Biohändler listen „AfD-Hirse“ aus
Wenn nur mehr Boykott hilft
Markus Brandstetter

Ein Lokalpolitiker der AfD betreibt, eigentlich recht grün, alternativ und sehr lokal, eine Getreidemühle, die auch eine Bio-Lebensmittelkette beliefert. Jahrelang geht alles gut. Dann kocht die Klimadebatte hoch und der Chef der Bio-Supermarktkette weist seine Filialleiter an, die Bio-Hirse des AfD-Müllers auszulisten. Grund: Die AfD leugne die Klimaerwärmung, der Hirsemüller damit auch, deshalb: Boykott. Damit das dem Hirsemüller, dessen Existenz an der Mühle hängt, auch richtig wehtut, werden gut sichtbar Schilder in allen Märkten aufgestellt, alles natürlich im Internet breitgetreten, und weitere Ketten folgen.

Es ist richtig, daß der Biohändler dem Hirsemüller vorher brieflich Gelegenheit gegeben hatte, seiner unterstellten Häresie abzuschwören, und es sei nicht verschwiegen, daß der AfD-Mann nicht sonderlich klug antwortete. Aber kann das der Grund für einen Boykott sein, der die Existenz des Müllers möglicherweise ruiniert? Ist die Erinnerung an die Zeit, in der es hieß „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“ inzwischen so weit in die Ferne gerückt, daß Wirtschaftsboykotte wieder die einzige verbliebene Möglichkeit sind, um politische Meinungen durchzusetzen und Weltanschauungen zum politischen Sieg zu verhelfen? Es wäre sehr zu wünschen, beide Unternehmer würden sich an einen Tisch setzen, die Sache ausdiskutieren und wieder miteinander Geschäfte machen.