© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/19 / 11. Oktober 2019

Aufgeschnappt
Vegane Apokalypsen
Matthias Bäkermann

Fünfzig Jahre lang ist Vera Jungclaus bereits Mitglied im Hamburger Tierschutzverein. Sie kümmerte sich um verwaiste Hunde und adoptierte vor einiger Zeit sogar einige Hühner aus dem Tierheim, um sie artgerecht im eigenen Garten nach Würmern scharren zu lassen. Seitdem die 80jährige Rentnerin im Juli ehrenamtlich im vereinseigenen „Spatzencafé“ beim Waffelbacken half, hängt bei den Tierschützern jedoch der Haussegen schief. Denn Jungclaus hatte Eier ihrer glücklichen Hühner in den Teig gerührt, was Sandra Gulla, seit 2016 Vorsitzende des Tierschutzvereins, völlig erbost. Die 50jährige Verwaltungsjuristin pocht in Einrichtungen des Vereins nämlich streng auf vegane Ernährung. Zudem ist sie verärgert, daß die Rentnerin wegen des „Eier-Vorfalls“ eine „Lügenkampagne“ gegen den Vereinsvorstand betrieben und diesem sogar diktatorisches Verhalten vorgeworfen habe. Zur Strafe wurde Jungclaus von jeder weiteren ehrenamtlichen Tätigkeit im Verein ausgeschlossen.

Um „jeden, der sich Tierfreund nennt“, zum Veganismus zu erziehen, nimmt Gulla Reibungen unter den 5.000 Vereinsmitgliedern ansonsten gern in Kauf. Um aus dem „System der apokalyptischen Tierquälerei“ auszusteigen, wie sie der Stern vergangenen Samstag zitiert, „geht es nicht ohne Konflikte“.