© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/19 / 11. Oktober 2019

Eleazar López Hernández. Bringt die Amazonas-Synode eine neue Öko-Religion?
Mutter Erde statt Gott
Mathias von Gersdorff

Nun tagt also, seit dem 6. Oktober, im Vatikan die Amazonas-Synode (JF 41/19), die schon vor ihrer Eröffnung für Irritationen und Entsetzen gesorgt hat. Die erste Welle der Kritik setzte gleich nach Erscheinen des Arbeitsdokuments (Instrumentum laboris) „Neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ im Juni ein. Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller geißelte das Papier gar als Apostasie: Es enthalte nicht „lediglich“ Irrtümer, sondern wende sich vollständig vom Christentum ab. Eine weitere Welle entstand angesichts der Teilnehmerliste. Denn darauf finden sich auch Vertreter aus den kontroversesten Strömungen der progressistischen Theologie. 

Eine besonders markante Figur ist P. Eleazar López Hernández. Der ältere Herr mit dem meist freundlichen Blick wurde als „Experte“ geladen, obwohl er gar nicht aus dem Amazonasgebiet stammt, sondern aus Mexiko. Als Angehöriger der Zapoteken, einem Volk der Ureinwohner aus dem südlichen Bundesstaat Oaxaca, ist sein Spezialgebiet die „Indigene Theologie“. Die besagt, das Christentum und seine Priester hätten legitime religiöse Überzeugungen der Urvölker Amerikas unterdrückt und ihnen einen kulturfremden Glauben oktroyiert. Hernández kritisiert, daß sich die Indigenen „Masken“ hätten aufsetzen müssen, um ihre Anhänglichkeit an die alten Überzeugungen zu verstecken. Und er kritisiert, daß das Christentum diese als „teuflisch“ verurteilt hat. Seit Jahrhunderten also würden die Eingeborenen religiös und kulturell unterdrückt, nun aber sollten sie sich von den „kolonialistischen Schemata“ befreien. Eines seiner bekanntesten Bücher ist „Theologischer Aufstand der indianischen Völker“ (1993), in dem er eine Symbiose von Naturreligionen und Christentum fordert: Denn die Natur müsse als sichtbare Präsenz Gottes begriffen werden, da „Mutter Erde“ das Leben entspringe und sie ihm Schutz gewähre. Die pantheistischen Anklänge sind offensichtlich.

Hernández’ Theologie ist ein Produkt der berühmt-berüchtigten Befreiungstheologie Lateinamerikas, die etwa ab 1960 entstand. Sie übernahm die Methode des Klassenkampfes, rief zum Aufstand gegen die Besitzverhältnisse auf, und Hernández Vorstellung ist eine (unter mehreren) ihrer kulturrevolutionären Versionen. Sie steht zur Befreiungstheologie wie etwa der Kulturmarxismus der europäischen Achtundsechziger zum Marxismus der Russischen Revolution.

Sollten Hernández’ Ansichten in der Synode Gehör finden, würden sich die schlimmsten Befürchtungen Kardinal Brandmüllers bewahrheiten: Die Vermischung des christlichen Glaubens mit (dem Zeitgeist angepaßten) Naturreligionen, die Demontage des Lehramts und die Auflösung der kirchlichen Hierarchie. Und Kardinal Reinhard Marx und Co. bereiten mit dem deutschen „Synodalen Weg“ schon die europäische Version dieser Dekonstruktion vor.