© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/19 / 11. Oktober 2019

Die FPÖ will jünger und moderner werden
Österreich: Nach der Wahlpleite wollen sich die bis dato erfolgsverwöhnten Freiheitlichen neu erfinden / Doppelspitze wirft Fragen auf
Curd-Torsten Weick

Ex-FPÖ-Politiker Ewald Stadler kannte in der Sendung „Fellner Live“ keine Gnade mit FPÖ-Parteichef Norbert Hofer. Wie eine „Nacktschnecke“ ziehe dieser eine „Schleimspur“ in Richtung ÖVP. Diese, so der ehemalige Volksanwalt, komme jedoch nicht beim Wähler an. 

Stringente Politik verfolge dagegen der FPÖ-Fraktionsvorsitzende und ehemalige Innenminister Herbert Kickl. Dieser werde die Freiheitlichen führen, wenn Hofer, wie vom FPÖ-Präsidium empfohlen, zum 3. Nationalratspräsidenten gewählt wird. Überraschenderweise gab Polit-Blogger Gerald Grosz seinem Gegenüber recht. Kurz habe in letzter Zeit Angst haben müssen, daß Hofer in Stalker-Manier mit einem Blumenstrauß vor dessen Tür stehe.

Bereits auf dem FPÖ-Parteitag Mitte September, als Hofer zwei Wochen vor der Nationalratswahl mit 98,25 Prozent Zustimmung zum FPÖ-Chef gewählt wurde, hatte sich die Arbeitsteilung zwischen der FPÖ-Doppelspitze gezeigt.  

In Graz untermauerte Hofer noch einmal sein Angebot an die ÖVP, die Regierungsarbeit nach der Nationalratswahl fortzusetzen. Aber: „Das ist keine Bitte“, betonte er einschränkend. Kickl dagegen teilte gegen die ÖVP ordentlich aus. Die FPÖ werde sicherlich zu keiner „Außenstelle des Sebastian Kurz-Anbetungsvereins“, so der Parteistratege.  

Die Zahlen geben den Hofer-Kritikern Auftrieb. Angaben des ORF zufolge hat Kickl doppelt soviel  Vorzugsstimmen erhalten wie sein Parteifreund. Kickl kommt auf 58.158, Hofer auf 23.620.

Umgang mit Strache enthält viel Sprengstoff

Doch eine Debatte um ihre Doppelspitze kommt für die FPÖ zur falschen Zeit. Der Verlust von zehn Prozent bei der Nationalratswahl erschüttert die Freiheitlichen bis ins Mark. Die „Wucht der Ereignisse“ knapp vor der Wahl sei nicht ganz überraschend gekommen“, resümierte Hofer. „Die Strategie im Wahlkampf war die richtige“, so Hofer weiter, doch den Spesen-Vorwürfen gegen Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache habe die FPÖ „ohnmächtig“ gegenübergestanden und dafür die Quittung erhalten. Vor allem aber sei das Wahlergebnis von 16,2 Prozent kein Auftrag, in Regierungsverhandlungen einzutreten. „Wir wissen aus dem Jahr 2017, daß es eine gewisse Stärke braucht, um sich in Verhandlungen mit der ÖVP substantiell einzubringen. Jetzt ist Sebastian Kurz am Zug. Er und seine ÖVP müssen ihre Wahlkampfversprechen umsetzen“, betonte Hofer und kündigte eine Neuausrichtung der Partei an. 

Die FPÖ soll nun „jünger und moderner“ werden. Auch neue „Spielregeln innerhalb der FPÖ“ soll es geben und einen „Weisenrat“ für Problemfälle. Auch Strache war Gegenstand der Sitzungen der FPÖ-Gremien am 1. Oktober. Vor dem Hintergrund der im Raum stehenden Vorwürfe wurde der 50jährige als Parteimitglied suspendiert. „Wenn die Vorwürfe der letzten Tage nicht zu entkräften sind, dann kommt es zu einem Ausschluß“, betonte Hofer. Strache hatte am selben Tag erklärt „jede politische Aktivität einzustellen“ und auch kein politisches Amt mehr anzustreben.

In Rage brachte Strache, daß die FPÖ seiner Frau Philippa am Dienstag einen Nationsratsplatz verweigerte. Schon rätselt Österreich über einen Rückzug vom  Rückzug. Und die Zeitung oe24 („Kampf in FPÖ: Kickl will härtere blaue Linie“) sieht neue Risse in der FPÖ: Kickl sei bereits gegen die Kandidatur von Philippa Strache gewesen. Hofer dagegen habe für den Listenplatz plädiert, damit die Partei „Frieden mit und Ruhe von ihrem Mann“ habe, so das Blatt.