© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/19 / 11. Oktober 2019

Knapp daneben
Geldsorgen von heute
Karl Heinzen

Die Stadtsparkasse München hat zum Jahresende 28.000 Prämiensparverträge gekündigt, die vor Urzeiten, als es sich für alle Seiten noch lohnte, wenn man Geld auf die Bank trug, abgeschlossen worden waren. Manche der betroffenen Kunden sind nun ein wenig frustriert, weil sie die Erträge fest eingeplant hatten, unter Umständen sogar als Bestandteil ihrer Altersvorsorge. Anstatt das Finanzsystem und die Europäische Zentralbank anzuprangern, sollten sie sich aber lieber an die eigene Nase fassen. Wer so naiv war, dem Gerede von mehr Eigenverantwortung für die Wahrung des Lebensstandards im Alter Glauben zu schenken, hat nichts Besseres verdient.Zudem darf man nicht verkennen, daß diese Form der Enteignung immer noch recht moderat ist. Den Sparern entgehen lediglich Zukunftserträge. Ihr akkumuliertes Geldvermögen bleibt für den Augenblick unangetastet. Allerdings sollten sie es rechtzeitig in Sicherheit bringen, bevor die Geldpolitik auch noch das Kunststück vollbringt, steigende Inflationsraten und ausufernde Negativzinsen zugleich zu bewirken.

Ein neues Konto sollten die Kunden angesichts geplanter „Verwahrentgelte“ überdenken.

Die geschassten Kunden der Stadtsparkasse könnten so zum Beispiel einfach mal mehr Großzügigkeit bei den Weihnachtsgeschenken walten lassen. Oder sie gönnen sich ganz schnell noch etwas, das schon bald verboten sein wird, eine Flugreise etwa, natürlich in eine menschenrechtlich problematische Sandstrandhölle, in der man das Klima einfach nur genießt, oder eine längere Kreuzfahrt mit ganz viel CO2-Ausstoß, oder vielleicht sogar einen richtig schweren SUV, den man in einer Scheune versteckt, um in ihm dann, wenn die Zeit gekommen ist, über schon lange nicht mehr instandgehaltene Straßen eines der letzten Refugien des gesunden Menschenverstandes anzusteuern. 

Ein neues Girokonto bei der Stadtsparkasse einzurichten, um das Geld erst einmal zu parken, sollten sie aber besser unterlassen. Die neuen Zusatzvereinbarungen sehen nämlich vor, daß „Verwahrentgelte“ fällig werden können. Über Geldsorgen muß somit heute nicht mehr nur klagen, wer keines hat. Dies kann man auch als einen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt ansehen.