© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Grüße aus Santiago de Cuba
Trumps Kleinkrieg
Alessandra Garcia

Der Kaffee war gerade aufgekocht, als sich die Tür öffnete und mein Nachbar, der Präsident des Revolutionskomitees, einen Gruß murmelnd durch meinen Saal auf meine Terrasse marschierte, sich zwei dort stehende Kanister schnappte und wieder nach draußen lief. Dort wartete bereits mit laufendem Motor ein weiterer Nachbar auf seiner MZ. Ob hier ein Selbstbedienungsladen sei und sich die Genossen schon alles erlauben dürften, rief ich erbost. Der Presidente meinte nur, ich solle mal den Fernseher anstellen. Im übrigen sei er gleich wieder zurück.

Im TV lief gerade eine Sondersendung: Präsident Miguel Díaz-Canel teilte mit, daß Stromsperrungen anstünden. Natürlich drückte er es vornehmer aus: Engpässe in der Energieversorgung des Landes seien in den nächsten Wochen zu erwarten, ein landesweiter Sparplan trete in Kraft. 

Bald werde man man die Situation wieder im Griff haben, versicherte Präsident Díaz-Canel.

Gleichzeitig versicherte er, daß nicht der eigene Schlendrian am Desaster schuld sei, sondern diesmal wirklich die Yankees. Deren Präsident Donald Trump, der schon die Geldüberweisungen aus den USA und anderen Ländern nach Kuba verhindert, indem er beispielsweise deutsche und Schweizer Banken mit Strafgeldern in Millionenhöhe überzieht, hat jetzt Sanktionen gegen Reedereien in Liberia, den Marshall-Inseln und Italien durchgesetzt, deren Tanker uns bisher mit Rohöl belieferten.

Bald werde man die Situation wieder im Griff haben, versicherte Díaz-Canel. Ich muß sehr skeptisch geschaut haben, denn der  eintreffende Presidente klopft mir beruhigend auf die Schultern: „Es wird schon alles gut werden, Kind.“ Und er zeigte auf zwei Kanister mit Diesel, die der MZ-Besitzer gerade hereinschleppte.

Díaz-Canel schien mitgehört zu haben, denn er appellierte an die Kubaner, mit „Kreativität, Disziplin und Solidarität“ auf die Krise zu reagieren. Mein Nachbar grinste. Er wußte was folgen würde: ein Ausspruch von Guerilla Comandante Juan Almeida Bosque „Hier ergibt sich niemand.“ 

Ich hatte aber noch etwas anderes gehört. Hatte unser Präsident nicht auch gesagt, daß die gute Nachricht sei, geplante Lebensmittellieferungen wären von den neuen US-Sanktionen nicht betroffen? Wenn Trump Kuba destabilisieren will, kann ich mir vorstellen, was als nächstes kommt. Ich schnappe mir den MZ-Fahrer. Wir müssen los: Reis, Nudeln, Zucker, Konserven kaufen und vielleicht ein paar Ferkel.