© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Keiner demonstriert vor der EZB gegen hohe Mieten
Geldordnung: In Düsseldorf gab es libertäre Antworten auf die Frage „Wie weit sind wir auf dem Weg zur Entnationalisierung der Währungsordnung?“
Thomas Lackmann

Wer stoppt die schleichende Enteignung der Sparer? Und wie? „Wie weit sind wir auf dem Weg zur Entnationalisierung der Währungsordnung?“ Zu diesen Fragestellungen luden die liberale Hayek-Gesellschaft und das European Center of Austrian Economic Foundation (ECAEF) nach Düsseldorf zu ihrer 3. Währungskonferenz ein.

Der Tagungstitel bedeutete schon schwere Kost. Denn es geht nicht um den Gegensatz von D-Mark und Euro, sondern um die tiefe Skepsis der Österreichischen Schule der Nationalökonomie gegenüber Staatseingriffen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek, ein Schüler des Österreichers Ludwig von Mises, hatte sich nach der Auseinandersetzung mit dem Keynesianismus der Frage des „privaten“ Geldes gewidmet. Prinz Michael von und zu Liechtenstein leitet die Denkfabrik ECAEF. Als epochales Ereignis verstehen die „Austrians“ den Abschied von der Golddeckung des Geldes. Prinz Michael fand die Euroeinführung erst gut, aber jetzt „kommen wir in ein System der schlichten Enteignung des Sparers“.

Die neue EZB-Chefin Christine La­garde werde die Geldpolitik von Mario Draghi fortsetzen. Nach der jahrzehntelangen keynesianischen Schuldenpolitik käme jetzt die Modern Money Theory (MMT, JF 8/19) aus Amerika nach Europa. Diese besagt, daß ein Staat nicht pleite gehen und sich theoretisch unbegrenzt verschulden kann, da die Staatsschulden ja Vermögen der Sparer darstellen. Aber „wenn man die Geldpolitik in die Hand des Staates gibt, wird sie immer mißbraucht“. Thorsten Polleit schlägt in die gleiche Kerbe. Der Präsident des deutschen Mises-Instituts wirft dem staatlichen Geldausgabemonopol ethische Defizite vor. Sein Credo: „Es gibt nichts im Bereich menschlichen Handelns, das nicht über freie Märkte abgewickelt werden könnte.“

„Im besten Fall dürfen Sie ihr Gold straffrei abgeben“

Stefan Kooths, Chef der Hayek-Gesellschaft und Leiter des Prognosezentrums beim Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), sieht in staatlicher Regulierung die größte Hürde auf dem Weg zu besserem Geld. Gunnar Kaiser versuchte die Sicht von Philosophen auf das Geld zu beleuchten. Kaum ein Denker seit Aristoteles, der nicht das Wesen von pecunia durchdringen wollte. Die Amerikanerin Demelza Hays berichtete über Versuche, Gold und Digitalgeld zu kombinieren. Vom Horten von Gold riet der Schweizer Unternehmer Nico von Burg ab: „Im besten Fall dürfen Sie es straffrei abgeben. Im schlechtesten Fall werden Sie dafür erschossen.“ Der Chef der Swiss Metal Exchange rät zum Kauf von Unverdächtigem wie Nickel, das werde immer gebraucht.

Einblick in den Sachverstand, den die Politik in Berlin nutzt, vermittelte Ralph Bärligea, der für eine Beratungsfirma arbeitet. Er sieht in Kryptowährungen (JF 25/19) die Vorteile von Gold und Giralgeld vereint. Auf die Frage, wer Rechtssicherheit garantieren könne, verwies die Volkswirtin Heike Walterscheid auf den Staat, allerdings einen, „der sich auf klassische Aufgaben beschränkt“. Auch das Thema Mietpreisbremse kam zur Sprache. Der Problemzusammenhang besteht darin, daß die von der EZB verursachte Geldschwemme stark in Immobilienmärkte strömt. Höhere Wohnungspreise bedeuten höhere Mieten. Polleit merkte dazu an: „Keiner kommt auf den Gedanken, daß man gegen hohe Mieten vor der EZB demonstrieren müsse.“ Gerd Habermann, Chef der Hayek-Stiftung, warnte vor Verzagtheit angesichts der zahlreichen Widerstände gegen eine Alternative zum derzeitigen „Fiat-Geld“. Kommendes Jahr werde an gleicher Stelle über die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet diskutiert. Denn das Problem bleibt ja erhalten.