© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

DVD: Ein Sonntag auf dem Lande
Tristes Familientreffen
Werner Olles

Der alternde Kunstmaler Monsieur Ladmiral (Louis Ducreux) erhält an einem Spätsommersonntag des Jahres 1912 in seinem Landhaus Besuch von der Familie seines Sohnes Gonzague (Michel Aumont) und dessen Frau Marie-Thérèse (Geneviève Mnich). Von beiden hält er nicht viel, sie sind ihm fremd. Mitten hinein in die Zusammenkunft platzt dann auch noch Irène (Sabine Azéma), die unverheiratete Tochter des Hauses, die es als Besitzerin einer Modeboutique beruflich immerhin zu etwas gebracht hat.

Obwohl sie ihre unglückliche Liebe verschweigt, bringt sie mit ihrer aufgesetzt guten Laune etwas Leben in das triste Familientreffen – und fährt mit ihrem Vater zu einem Tanzlokal. Ladmiral gesteht seiner Tochter, daß er als konservativer Künstler die modernen Maler schon immer sehr bewundert hat, es aber nie fertigbrachte, mit den Konventionen zu brechen. Nach seinem Geständnis reist Irène überstürzt ab, um ihre unglückliche Liebe zu retten. Ladmiral nimmt in seinem Atelier das Bild von der Staffelei, an dem er gerade arbeitet, und spannt eine neue Leinwand auf. Er will endlich ein „modernes Bild“ malen und seinen Traum wahrmachen.

„Ein Sonntag auf dem Lande“ („Un dimanche à la campagne“, Frankreich 1984) ist ein Film von Bertrand Tavernier, der nach dem 1945 erschienenen Roman „Monsieur Ladmiral va bientôt mourir“ von Pierre Bost gemeinsam mit Colo Tavernier auch das Drehbuch schrieb. Er erzählt von der Wehmut des allmählich vom Leben Abschied nehmenden Künstlers und seiner Erkenntnis, nicht alles geleistet zu haben, was ihm möglich gewesen wäre. Dabei spiegelt der Film Stimmungen und Lebenserfahrungen mit einer meisterhaften Farbdramaturgie (Kamera: Bruno de Keyzer), die den Zuschauer fesselt. So entfaltet Tavernier eine Kunst des Details mit Lichteffekten, Farben und Tönen, deren Ästhetizismus einem impressionistischen Gemälde gleicht, jedoch nie zum Selbstzweck wird.

Ausgezeichnet auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes für die „Beste Regie“, ist „Ein Sonntag auf dem Lande“ ein schwermütiges Gesellschaftsporträt vom Beginn des 20. Jahrhunderts und ein Meisterwerk des feinen, ruhigen Kinos in der Tradition von Jean Renoir.

DVD: Ein Sonntag auf dem Lande, Pidax 2019, Laufzeit etwa 91 Minuten