© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Frisch gepresst

Bibeltreu. Helmut Matthies kann nicht anders, als ein spannendes Buch zu schreiben und Gott in jeder Zeile zu loben. Das konservative Urgestein der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, die er jahrzehntelang kantig und wortgewaltig leitete und deren Vorsitzender er heute ist, legt Zeugnis über seinen Lebensweg ab und wie das ist, wenn man ihn mit dem dreifaltigen Gott geht: In zwölf Kapiteln wie „Niederlagen“, „Christsein“, „Volkskirche“ oder „Heilungswunder“ berichtet der Journalist in Schlaglichtern von den prägenden privaten und zeitgeschichtlichen Stationen, an denen es anders kam als Logik und Statistik es wollten: wie der Schüler wegen Faulheit von der Schule flog, schlug der Vater nicht, sondern umarmte ihn; wie der große Helmut Thielicke den übermüdeten Studenten in der Vorlesung schlafend fand und ihm Geld zusteckte, damit Matthies nicht mehr jobben mußte; wie der todgeweihte Goldmedaillengewinner Paul Beßler sich im Krankenhaus zu Jesus bekehrte und Matthies’ Frau starb trotz allen Betens um Heilung. Bei einem Interview mit dem Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba focht ihn die „Versuchung, katholisch zu werden“, mächtig an. Helmut Matthies nimmt den Leser mit in seliges Erfülltsein und in Zweifel und Dunkelheit im Glauben. Ein lebensnahes, ehrliches Zeugnis, das ansteckt. (ru)

Helmut Matthies: Gott kann auch anders. Erfahrungen meines Lebens. Fontis-Verlag, Basel 2019, broschiert, 208 Seiten, 18 Euro




Roger Scruton. In Großbritannien zählt Sir Roger Scruton, Jahrgang 1944, zu den führenden, sich in den Londoner Leitmedien Gehör verschaffenden konservativen Denkern. Hierzulande ist der Verfasser von vierzig Büchern so gut wie unbekannt. Um das zu ändern, ist jetzt eine Aufsatzsammlung des Philosophen in deutscher Übersetzung erschienen. In diesen Essays denkt Scruton über komplizierte, schwergewichtige Probleme wie „Vernünftig regieren“, „Trauern um das, was wir verloren haben“, „Natur bewahren“ oder „Den Westen verteidigen“ ebenso nach wie über vermeintlich simple Sachen wie „Richtig tanzen“ oder „Tiere lieben“, die erst im Fortschreiten des Gedankengangs ihre politische Brisanz entfalten. In allen Streifzügen geht es darum, in Abgrenzung zum „globalen Überall-und-Nirgends“ an das Maß einer handlungsfähigen Gemeinschaft verantwortlicher Individuen zu erinnern. Wobei Scruton ein überaus emphatisches Verständnis von individueller Freiheit pflegt, das die ökonomischen Bedingungen ihrer Ermöglichung ein wenig gering schätzt. (ob)

Roger Scruton: Bekenntnisse eines Häretikers. Zwölf konservative Streifzüge.Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Lüdinghausen 2019, gebunden, 238 Seiten, 26 Euro