© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Das Weiße Haus im Blick
Zwölf Porträts über zwölf schillernde Amtsinhaber
Thorsten Brückner

Unser Bild amerikanischer Präsidenten ist in der Regel durch den jeweiligen Amtsinhaber und seine unmittelbaren Vorgänger geprägt. Welcher Normalbürger ist schon in der Lage, drei Präsidenten des 19. Jahrhunderts auch nur zu nennen? Um so verdienstvoller sind die sehr persönlichen Porträts von zwölf Präsidenten, von denen jeweils sechs im 19. und sechs im 20. Jahrhundert das mittlerweile mächtigste Amt der Welt innehatten. 

Dem Historiker Ronald Gerste ist es gelungen, die politische Bedeutung der jeweiligen Person mit ihrer Biographie zu verweben. Auch der Verlockung, dabei undifferenzierte Schwarzweißbilder zu zeichnen, ist er nicht erlegen. Und selbst Amerika-Kenner erfahren Neues. Etwa daß der notorische Indianerhasser Andrew Jackson ein indianisches Waisenkind adoptiert hat. Oder daß die Frau des unter zweifelhaften Umständen an die Macht gekommenen Rutherford B. Hayes eine radikale Abstinenzlerin war, die selbst Staatsgästen Limonade statt Cognac servierte und es nur dem Küchenchef im Weißen Haus zu verdanken war, daß zumindest heimlich Rum-Punsch ausgeschenkt wurde.  

Allerdings wäre dem Buch eine etwas größere Distanz des Autors zu den großen politischen Richtungsfragen, die die politische Debatte, gerade im Amerika des 20. Jahrhunderts geprägt haben, gut zu Gesicht gestanden. So stößt dem konservativen Leser sicherlich Gerstes überschwengliches Bekenntnis zur Weiße und Asiaten diskriminierenden Affirmative-Action-Politik ebenso sauer auf wie sein Lob für Richard Nixons Umweltpolitik, die die verfassungsgemäßen Kompetenzen der Bundesregierung weit überdehnte und einen gefährlichen Präzedenzfall schuf. 

Auch seine Spitzen gegen Donald Trump, den er als Klimawandelleugner bezeichnet, hätte sich Gerste im Interesse des historischen Fokus schenken können. Dennoch ist das Buch sowohl für Amerika-Kenner als auch solche, die es noch werden wollen, gerade durch seine einfache Lesbarkeit, die relativ kurzen Kapitel, die vielen, aber nicht ausufernden biographischen Details und nicht zuletzt die Faktenkenntnis des Autors ein Gewinn. Und am Ende sollte jeder Leser ohnehin zu seiner eigenen Bewertung der jeweiligen „Trinker, Cowboys und Sonderlinge“ im Weißen Haus gelangen.

Ronald D. Gerste: Trinker, Cowboys, Sonderlinge. Die 12 seltsamsten Präsidenten der USA.  Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2019, gebunden, 286 Seiten, 20 Euro