© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Frisch gepresst

Spionage. Das aktuelle Buch des BND-Chefhistorikers Bodo Hechelhammer beschäftigt sich mit dem Leben eines der berüchtigtsten Maulwürfe der Bundesrepublik Deutschland: Heinz Felfe. Dieser hatte in den fünfziger Jahren als Chef der Spionage-Abwehr zahlreiche westliche Agenten an die Sowjetunion verraten. Erst 1961 konnte er durch die Mithilfe des wohl bedeutendsten KGB-Überläufers, Anatolyi Golitsyn, enttarnt werden. Im Fokus des Buches stehen dabei weniger die Taten Felfes. Vielmehr sind es dessen menschliche Seiten, die Hechelhammer fokussiert. „Mit Schnelligkeit paßte er sich wie ein Chamäleon den Zeitläufen an und erfüllte die Erwartungen seiner jeweiligen Umgebung“, beschreibt er jenen Mann, der im Laufe seines Lebens für sieben Geheimdienste tätig war. „Er war überzeugter Nationalsozialist im Dritten Reich, Antikommunist in der Bundesrepublik Deutschland und ‘Kundschafter des Friedens’ in der Deutschen Demokratischen Republik – ohne sein Loyalitätsempfinden als Widerspruch zu begreifen“, charakterisiert ihn der Autor. Dabei habe Felfe vor allem für sich selbst gearbeitet. (ro) 

Bodo Hechelhammer: Spion ohne Grenzen. Heinz Felfe – Agent in sieben Geheimdiensten. Piper Verlag, München 2019, gebunden, 416 Seiten, Abb., 24 Euro





Mauerfall. Wer die eindrückliche Rede der DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier am Tag der Deutschen Einheit im Leipziger Gewandhaus hörte, kennt ihr „Elftes Gebot“: Du sollst Dich erinnern! Exemplarisch ist hier der von Klier herausgegebene Sammelband mit einer heterogenen Beiträgerschar, darunter unbekannte Zeitzeugen, von denen mancher maßgeblich die deutsche Wiedervereinigung mitgestaltet hat wie Bernd Dietmar Kammerschen, der heute in Sachsen zu Hause ist. Marko Martin erinnert an das „mißbrauchte Gefühl“, das sich mit den Worten „bei uns“ verknüpfte, die selbst von den „vermeintlich ‘Systemfernen’“ benutzt wurde. Für den einstigen Neonazi Ingo Hasselbach verbinden sich dreißig Jahre Mauerfall bis heute mit der Angst vor dem DDR-Knast. Dabei konnte selbst noch Ende 1989 ein DDR-Bürger im „Tränenpalast“ brutal gedemütigt werden (Carola Stach). Derweil schildert Journalist Berthold Dückers seinen Kampf für „Point Alpha“, und Bernhard Vogel resümiert, daß es zwar ein Ministerium für gesamtdeutsche Fragen gab, aber keines für gesamtdeutsche Antworten. (cd)

Freya Klier: „Und wo warst du?“ 30 Jahre nach dem Mauerfall. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2019, gebunden, 272 Seiten, 20 Euro