© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/19 / 25. Oktober 2019

FDP will Grundgesetzänderung zur Grundsteuer mittragen
Retter der Koalition
Marc Schmidt

Der Bundestag hat ein weiteres Gesetz beschlossen, dessen Negativwirkungen erst nach der nächsten Wahl spürbar werden: Ab 2025 fließt eine neu berechnete Grundsteuer in die Kommunaletats. Das Gesetz mußte noch in diesem Jahr nebst Grundgesetzänderung beschlossen werden, damit die alte Grundsteuer, teilweise basierend auf Vorkriegswerten, weiter erhoben werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Regelung 2018 als in Teilen verfassungswidrig eingestuft.

Ab 2025 richtet sich die Steuer nach Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Alter des Gebäudes und Mietniveaustufe. Was logisch klingt, sorgt in der Praxis für massive Verwerfungen. Musterrechnungen in Hamburg ergaben einen Anstieg von bis zu 435 auf 9.160 Euro pro Jahr, die auf die Nebenkosten umgelegt würden. Steigende Mietbelastungen durch höhere Nebenkosten sind insbesondere in Wohngebieten zu befürchten, die bereits in den vergangenen Jahren aufgewertet worden sind. Dort sind der Mietenspiegel und die Bodenwerte stark gestiegen, was die Nebenkosten treiben dürfte. Entsprechend werden Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg gemeinsam mit einzelnen Flächenländern Sonderregelungen beschließen. Ob diese wie angekündigt keine Erhöhung des Steueraufkommens beinhalten, darf bezweifelt werden.

Die Mehrheit zur Grundgesetzänderung sichert neben den Grünen die angebliche Steuersenkungspartei FDP, die zuvor lautstark dagegen agitierte. Den AfD-Antrag zur Abschaffung der Grundsteuer lehnten die Liberalen ebenso ab. Partei- und Fraktionschef Christian Lindner („Besser nicht regieren als falsch“) reiht sich durch diese Volte in die große Reihe der FDP-Wendehälse ein. Und er darf sich – zumindest bis zum Abschluß des skurrilen Vorsitzendencastings der SPD – als Retter der ehemals großen Koalition fühlen.

Grundsteuerrechner der Hypoport AG:  www.vergleich.de/