© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/19 / 25. Oktober 2019

Blick in die Medien
Alle reden vom Wetter
Tobias Dahlbrügge

Kult-Meteorologe Jörg Kachelmann ist streitbar und meinungsstark. Via Twitter keilt er gerne gegen Journalisten und Klima-Apokalyptiker. Jetzt hat er sich mit dem RBB angelegt: Er schrieb auf dem Kurznachrichtendienst, die Wetterinfos des Senders seien „frei erfundene Fake-Wetterwerte, von Orten, an denen es keine Wetterstation gibt“. Die Vorhersagen nannte er „Stuß von unseriösen Wetterdiensten, für Kunden, denen Seriosität egal ist“.

Immer nach den Nachrichten nennt der RBB Temperaturen aus verschiedenen Orten des Sendegebietes. Kachelmann kritisiert, diese Werte würden nicht real gemessen, sondern lediglich theoretisch errechnet. Das ist für ihn unseriös und dasselbe wie „erfunden“.

Der Deutsche Wetterdienst stimmt Kachelmann zu, der RBB dementiert.

Die Programmverantwortlichen weisen die Kritik zurück und berufen sich auf die Quelle der Wetterdaten, die Meteo Group Deutschland, die inzwischen auch Kachelmanns frühere Firma Meteomedia geschluckt hat. Kachelmann: Der Sender sei auf diesen „unseriösen Wetteranbieter reingefallen“.

Der Deutsche Wetterdienst stimmt Kachelmann vorsichtig zu und erklärte durch seinen Sprecher, Meldungen, die nicht auf Messungen, sondern Berechnungsmodellen beruhten, seien zumindest „sehr fraglich“.

Der RBB und die Meteo Group dementieren das natürlich und weisen darauf hin, daß die angewandten Berechnungsmethoden wissenschaftlich einwandfrei anerkannt seien. Außerdem habe sich fast noch nie ein Zuschauer über unzutreffende Temperaturangaben beschwert. 

Währenddessen machte sich Kachelmann zur Freude seiner Fangemeinde über die Vorhersage „heiter, leichter Regen“ lustig: „Wie schön, wenn es trotz Regen heiter ist.“ Der skurril-komische Gelehrtenstreit zeigt eines: Inzwischen muß man wirklich jede, aber auch wirklich jede Meldung der öffentlich-rechtlichen Zwangsabgabensender kritisch hinterfragen, selbst die Wettervorhersage.