© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/19 / 01. November 2019

Aufgeschnappt
Mathematik wildwest
Matthias Bäkermann

Was ist humane Mathematik? Viele, die sich je mit Vektoranalysis oder Kurvendiskussionen herumschlagen mußten, dürften vielleicht auch schon oft das originär Menschliche an dieser Büffelei in Zweifel gezogen haben. 

Im US-Staat Washington, genauer in seiner linksliberalen Metropole Seattle, soll nun „humane Mathematik“ von der ersten bis zur zwölften Klasse eingeführt werden. Dabei stehen dann nicht Multiplikation, Gleichungen oder Bruchrechnen im Vordergrund, sondern die Schüler „sollen damit vertraut gemacht werden, wie Mathematik von der westlichen Kultur ‘angeeignet’ und in Systemen der Macht und Unterdrückung, besonders gegen PoC (People of Color) eingesetzt wurde“. Voller Stolz kommentierte Robert Q. Berry III, Präsident des Nationalen Rates der Mathematiklehrer, den im Herbst gestarteten Unterricht in der Education Week: „Seattle steht damit definitiv an vorderster Front.“ Tracy Castro-Gill, Seattles Direktorin für Ethnostudien, schwärmt sogar schon von landesweiter Umsetzung. Der konservative Kolumnist Jarrett Stepman dagegen verurteilte am 24. Oktober das neue Curriculum als „absurd“, ebenso wie die Tatsache, daß „‘westliches’ Mathe als einziger legitimer Ausdruck mathematischer Identität und Intelligenz“ in Frage gestellt werden soll.