© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/19 / 08. November 2019

Ländersache: Bremen
Ich bin wieder hier, in meinem Revier …
Björn Harms

Kaum war er weg, schon ist er wieder da. Noch am 11. Juli hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer nach der spektakulären Abschiebung des Clanchefs Ibrahim Miri voller Stolz verkündet: „Das ist Rechtsstaat.“ Und ergänzte: „Wenn der Staat seine Regeln nicht durchsetzt, verliert die demokratisch gesinnte Bevölkerung den Glauben an ihn.“ Wieviel diese Worte nun wert sind, zeigte sich in der vergangenen Woche, als Ibrahim Miri trotz bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Deutschland gelangte, ohne daß es den Behörden aufgefallen war. 

Gemeinsam mit seinem Anwalt tauchte er in aller Seelenruhe in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf, zeigte sich für die illegale Einreise selbst an und stellte gleich noch einen Antrag auf politisches Asyl. Sein Mandant werde im Libanon von schiitischen Milizen mit dem Tod bedroht, erklärte Miris Anwalt den verdutzten Bamf-Mitarbeitern. Das Familienoberhaupt sei unverschuldet in einen „Blutrachekonflikt aus der Vergangenheit“ zwischen dem Miri-Clan und dem rivalisierenden El-Zein-Clan geraten, der auf eine Messerstecherei 2006 in einem Bremer Lokal zurückgehe. Unmittelbar nach seiner Abschiebung im Juli sei Miri im Libanon auf der Straße erkannt und bedroht worden. Weil die schiitische Hisbollah im Libanon drei Minister stelle und Teile der Sicherheitsbehörden kontrolliere, fühle sich der Clanchef staatlicher Verfolgung ausgesetzt. 

Zusätzlich soll Miri Anzeige gegen den Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gestellt haben, wegen der „gewaltsamen Art und Weise“ seiner Abschiebung, die „menschenrechtswidrig“ gewesen sei. Nach eigenen Angaben ist der ehemalige Chef des Rockerclubs Mongols MC mit Hilfe von Schleppern aus dem Libanon nach Deutschland eingereist. In seinem Asylantrag heißt es, Miri habe sich „mit Hilfe von Helfern“ einen Paß verschafft und sei heimlich über Syrien in die Türkei gekommen. Aus der Türkei sei er über den Landweg nach Deutschland gelangt. 

Daß er den Libanon verlassen hatte, wußten laut Weser-Kurier sowohl Bremens Innensenator als auch die Sicherheitsbehörden auf Bundesebene. Bei der Bundespolizei soll es sogar ein internes Fahndungsplakat von ihm gegeben haben. Trotzdem gelang die Wiedereinreise des Oberhaupts der weit verzweigten Großfamilie mit 2.500 Mitgliedern, von denen mindestens 1.200 poliizeibekannt sind. 

Das Bamf will nun möglichst rasch über den Asylantrag entscheiden. Wegen der Dringlichkeit wird er nicht in Bremen bearbeitet, sondern in der Bamf-Zentrale in Nürnberg (bis zum Redaktionsschluß fiel keine Entscheidung). Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fügte sogleich beschwichtigend hinzu: „Asyl ist ein Grundrecht, deshalb werden wir auch diesen Antrag entsprechend allen rechtlichen Vorgaben sorgfältig prüfen.“ Zunächst muß geklärt werden, ob der Asylantrag als Erstantrag oder als Folgeantrag zu bewerten ist. Denn Miri, der 2014 wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden war und im Dezember 2018 auf Bewährung frei kam, hatte bereits 1986 einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt wurde. Nun also ist er wieder da und sitzt derzeit in Abschiebehaft.