© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/19 / 08. November 2019

Feiern, ohne auch zu trauern?
Gedenken: Nichts erinnert zentral an Kommunismus-Opfer
Christian Vollradt

Mit einer ganzen Festwoche wird in Berlin der Mauerfall am 9. November 1989 und die Friedliche Revolution in der DDR gefeiert. Reden, Konzerte auf einer Bühne am Brandenburger Tor, Lichtinstallationen und Filmaufnahmen aus der „Wendezeit“, die an den Originalschauplätzen an die Fassaden geworfen werden; dazu die Kunstinstallation „Visions in Motion“ des Amerikaners Patrick Shearn, für die 120.000 bunte Bänder, beschriftet mit Wünschen, zu einem 120 Meter langen Teppich zusammengeknüpft wurden, der über der Straße des 17. Juni weht. 

Wie steht es indes um das Gedenken an das, was vor den freudigen Ereignissen vor 30 Jahren geschah? Während die Bundesregierung nach wie vor davon ausgeht, daß „wie geplant im Herbst 2019“ – also innerhalb der kommenden sechs Wochen – der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals in der Mitte der Hauptstadt beginnt, ist ein zentrales Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft – also mehr als die mindestens 136 Toten an der Berliner Mauer sowie 327 Todesfälle durch das Grenzregime an der DDR-Westgrenze zwischen 1949 und 1989 – weiterhin nicht in Sicht. Ein solches hatte der Bundestag bereits 2015 beschlossen, im damaligen Vertrag der schwarz-roten Koalition war es vereinbart; gescheitert ist die Umsetzung an parteipolitischen Einzelinteressen und Blockade, hauptsächlich aus den Reihen der SPD (JF 29/17). So ist es kein Wunder, daß die aktuelle Große Koalition das Thema nicht auf der Tagesordnung hat. Obwohl es im Koalitionsvetrag von 2018 heißt: „Das Gedenken an die beiden deutschen Diktaturen darf nicht mit Verweis auf die jeweilige andere zu einer Relativierung der NS-Terrorherrschaft, noch zu einer Bagatellisierung des SED-Unrechts führen.“ 

Die Bundestagsfraktion der AfD fordert unterdessen einen offiziellen bundesweiten Gedenktag eigens für die Opfer der politischen Verfolgung während der SED-Dikatur. Denn die „DDR war ein Unrechtsstaat“, heißt es in der Begründung eines Antrags auf Initiative des Brandenburger Abgeordneten Roman Reusch. Zu den Opfern zählen demnach auch die, die von einer politischen Strafjustiz verurteilt, die vertrieben und enteignet oder gar zwangsadoptiert worden waren.