© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/19 / 08. November 2019

Hotspots im negativen Sinne
Immobilienmarkt: Der „Studentenwohnreport 2019“ zeigt die Folgen der Zuwanderung
Christian Schreiber

Im Jahr des Mauerfalls lebten nur 79,1 Millionen Menschen in Deutschland. Heute sind es – trotz deutschen Geburtenstreiks – wegen der anhaltenden Zuwanderung schon über 83 Millionen. Hinzu kommt die Abwanderung aus vielen Landkreisen der Ex-DDR, des Saarlands, der Eifel, Frankens oder Nordhessens. Die 66 kreisfreien Großstädte sind hingegen zwischen 2010 und 2016 um 1,35 Millionen Einwohner gewachsen.

Das erklärt, warum sich für Studenten die Suche nach einer „Bude“ zu einer oft unlösbaren Aufgabe entwickelt. Die Wohnheime des Deutschen Studentenwerks (DSW) berichten von einem noch nie dagewesenen Andrang. In den zwölf wichtigsten Hochschulstädten stehen 30.000 auf den Wartelisten, denn Zimmer in Wohngemeinschaften oder kleinere Appartements sind zunehmend unerschwinglich. Das zeigt der „Studentenwohnreport 2019“, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zusammen mit der Finanzberatungsfirma MLP veröffentlicht hat.

30 Hochschulstandorte wurden dafür verglichen. Die Mieten in Frankfurt/Main, Darmstadt, Berlin, Konstanz und München sind sechs Prozent und mehr gestiegen. Und da die Mieten in der Spitze immer teurer werden, orientieren sich auch erwerbstätige, junge Erwachsene, Fernpendler, Senioren oder frisch Geschiedene um. „Daher ist der Preisdruck in diesem Segment besonders hoch“, erklärte Michael Voigtländer vom IW.

Die IW-Musterwohnung (Einbauküche, Baujahr 1995, 30 Quadratmeter, maximal eineinhalb Kilometer zur Uni) kostet mit Abstand am meisten in München: mit 717 Euro im Monat. Mehr als 11.200 Studenten warten daher hier aktuell auf einen Wohnheimplatz. „Die Isar-Metropole ist ein Hotspot im negativen Sinne“, klagte Achim Meyer auf der Heyde, DSW-Generalsekretär im Spiegel. Mit Abstand folgen Stuttgart (542 Euro) und Frankfurt (505 Euro). Berlin weist zwar hohe Steigerungsraten auf, liegt aber mit 400 Euro noch im Mittelfeld. Die drei günstigsten Uni-Städte sind Bochum (287 Euro), Leipzig (278 Euro) und Magdeburg (251 Euro).

Hinzu kommt: Die Studenteneinkommen stagnieren, nur beim Viertel der „reichen“ Studenten gab es Zuwächse. Es liege derzeit bei 900 Euro pro Monat. Der BAföG-Anstieg sei zu gering, um die Wohnkostenexplosion zu kompensieren. Auch Wohngeld für Studenten sei nur von 250 auf 325 Euro gestiegen. „Die Studie verdeutlicht, daß insgesamt mehr Wohnraum geschaffen werden muß, meinte Voigtländer. Andererseits wäre sie auch eine Aufforderung, die Hochschulen etwa in Ostdeutschland zu stärken, „um mehr Studierende zu gewinnen. Damit könnten einerseits die Metropolen entlastet, zum anderen aber auch Perspektiven für die Standorte erschlossen werden“, so der IW-Experte.

„MLP Studentenwohnreport 2019“

 mlp-se.de