© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/19 / 08. November 2019

Umwelt
Grüne Lebenslügen
Volker Kempf

Der Mensch ist selbstgefällig, er will sich nicht mit Selbstzweifeln zermürben, einen Zug von der Zigarette nehmen und in Ruhe gelassen werden. Zu den Meistern des Selbstbetrugs gehören die Grünen, nicht nur, weil sie auf ihren Parteitagen für mehr Umweltschutz gerne qualmen. Das gehört zu ihren Gründungsmythen. Aber so ging es weiter. Grünenwähler gehören zu den Wohlhabenderen, sie predigen Klimaschutz, haben aber eine gut geheizte Komfortwohnung. Das darf nur nicht zu sehr auffallen. Wehe, wenn ein Grünenpolitiker gegen den menschengemachten Klimawandel eine Verzichtspredigt hält und dabei aus den USA grüßen läßt. Der selbstgefällige Grüne will vor allem eines, selbst gut leben und anderen Vorschriften machen.

Dank ausländischer Kohle- und Atomkraftwerke gibt es Strom für grüne Komfortzonen.

Googelt man „Grüne“ und „verbieten“ , kommt als erstes die Ölheizung, die müsse „sofort“ verboten werden. Aus Stuttgart verlautbart der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn, die Innenstadt solle „deutlich vor 2030“ autofrei werden. Rechte Konzerte sollen verboten werden, nicht wegen der Umwelt, sondern weil nur „grün“ und „links“ für das Gute stehen. Daß auf Konzerten „gegen Rechts“ die Gewaltverherrlichung intoniert wird, interessiert nicht. Der Klassiker Tempolimit scheiterte kürzlich trotz des neuen Arguments Sicherheit im Bundestag, denn die Zahl der tödlichen Unfälle korreliert eher mit der Himmelsrichtung: In Nord- und Westeuropa gibt es weniger, in Süd- und Osteuropa mehr Autobahntote als in Deutschland. Den Atomausstieg haben die Grünen seit Gründung im Visier, aber Angela Merkel setzt ihn um. Und dank neuer AKWs in Frankreich, der Tschechei oder Ungarn und der neuen Kohlekraftwerke in Polen geht den Grünen in ihrer Komfortzone und an der E-Auto-Ladesäule auch bei Dunkelflauten nicht der Strom aus. So läuft das mit den Lebenslügen. Wenn Selbstbetrug eine Farbe hat, dann muß das „Grün“ sein.