© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/19 / 15. November 2019

Nicht vergessen
Der Ort Bischdorf erinnert sich seiner Gefallenen
Felix Krautkrämer

Sie fristen oft ein trauriges Dasein. Beschmiert, verfallen oder versteckt in einer hinteren Friedhofsecke: Die Gefallenen- und Kriegerdenkmäler zur Erinnerung an diejenigen Soldaten, die nicht aus den vergangenen Kriegen zurückkehrten. Einst den örtlichen Söhnen zum ehernen Gedenken errichtet, gelten sie Kritikern heute als unrühmliches Zeugnis von Militarismus und falscher Heldenverehrung. 

„Wer seine Toten ehrt, ehrt sich selbst“

Reichstagspräsident Paul Löbe hingegen wußte vier Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs noch anläßlich der ersten Gedenkfeier zum Volkstrauertag 1922: „Ein Volk, das seine Toten ehrt, ehrt sich selbst.“ Wer seiner Toten gedenke, könne daraus in Zeiten voller Sorge Kraft schöpfen, mahnte der SPD-Politiker und ergänzte: „Ein Volk, das seine Toten ehrt, wird in dieser ernsten Huldigung ein gemeinsames Band schlingen um die vielen Seelen, denen dasselbe Leid widerfuhr, und wird dieses Band auch ausdehnen auf die Mutter an der Wolga und am Tiber, deren Schmerz um den nicht mehr heimgekehrten Sohn nicht minder weh ins Herz sich fraß, als der Mutter an der Donau und am Rhein.“ 

Daß diese Worte nicht überall vergessen sind, zeigt sich in der brandenburgischen Niederlausitz, genauer gesagt in Bischdorf, einem Ortsteil der Spreewald-Stadt Lübbenau. Dort nutzten die Einwohner den ersten Volkstrauertag nach der Wiedervereinigung, um ihren Weltkriegsgefallenen ein Denkmal zu setzen. Am 18. November 1990 wurde das einst abgeräumte und nun restaurierte und erweiterte Kriegerdenkmal feierlich wiedererrichtet. Seitdem erinnert vor der Kirche in der Mitte des Orts ein trauernder Soldat an die zwölf Gefallenen des Ersten Weltkriegs sowie an die 25 Söhne, Brüder und Ehemänner der Gemeinde, die zwischen 1939 und 1945 ihr Leben ließen. Jedes Jahr im November erweisen ihnen die noch lebenden Bischdorfer mit Kränzen und Gestecken die Ehre. Denn tot ist nur, wer auch vergessen ist.