© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/19 / 15. November 2019

Eifriges Ausgrenzen erzieht politisch Zuverlässige
Herrschaftssichernde Feinde
(ob)

Als „logische Folge“ seiner Absetzung endete am 23. Februar 1939 das Leben Alexander Kossarews mit seiner Erschießung. Dieser nur Fachleuten für die Nomenklatura des stalinistischen Terrorregimes bekannte langjährige Generalsekretär des Komsomol, des Kommunistischen Jugendverbandes, ist für den Freiburger Osteuropahistoriker Peter Kaiser nicht irgendein gesichtsloser Apparatschik aus „Stalins Team“, den der in der „Großen Säuberung“ entfesselte Verfolgungsfuror verschlang (Jahrbücher für die Geschichte Osteuropas, 2/2019). An seinem Beispiel lasse sich vielmehr minutiös zeigen, wie eine vielfach tödlich endende Ausgrenzung in totalitären Systemen funktioniere. Kossarew selbst hatte mit der Praxis (unblutiger) Säuberungen 1933 im Komsomol begonnen und bis 1935 nicht weniger als 450.000 Mitglieder ausgeschlossen, um den „Zustand moralischer Reinheit und politischer Zuverlässigkeit“ zu erreichen. Ab 1937 reihten Stalins Schergen ihn und die Führungskader des Komsomol jedoch selbst unter die zu eliminierenden trotzkistischen „Diversanten, Saboteure und Sowjetfeinde“ ein. Kossarew habe erst im GPU-Keller begriffen, daß es zu Stalins Methoden der Absicherung seiner Herrschaft gehörte, „Feinde“ in wachsender Zahl zu produzieren, um das Regime durch rigide soziale Kontrolle, ein Heer von Denunzianten, Repression und Terror zu stabilisieren. 


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