© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/19 / 15. November 2019

Knapp daneben
Marihuana to go
Karl Heinzen

Dank McDonald’s ist der 24jährige Parrish Brown aus der US-Hafenstadt Charleston um eine Lebenserfahrung reicher. Auf dem Weg zum Zweitjob hatte er sich beim Zwischenstopp in einem Drive-In auf Hilton Head Island zwar schon gewundert, warum die Bedienung so lange benötigte, um die Bestellung auszuführen. Eine Erklärung dafür dämmerte ihm aber ziemlich rasch, nachdem er am Arbeitsplatz seinen süßen Tee „mit etwas Eis und extra Zitrone“ getrunken hatte. Er fühlte sich auf ungewohnte Weise berauscht, und als er den Deckel des Einwegbechers öffnete, stieß er auf drei kleine Beutel mit einem ihm bis dahin unbekannten Kraut. Die eingeschaltete Polizei konnte dieses auf Anhieb als Marihuana identifizieren. Die Ermittlungen dauern an. Man vermutet, daß Parrish Brown im Bestellvorgang unbeabsichtigt ein Codewort benutzt hat, das der Mitarbeiter von McDonald’s als Bitte um die nicht auf der Karte verzeichnete Zutat verstehen mußte. Den genauen Standort der Filiale wollen die Behörden nicht preisgeben, um ihr keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Schnellrestaurants zu verschaffen.

Man ist auf McDonald’s angewiesen, um Cannabiskonsum zum Massenphänomen reifen zu lassen.

Leider deutet alles darauf hin, daß es sich um einen lokalen Vorfall handelt und keine Konzernstrategie dahintersteht. Eigentlich hätte McDonald’s allen Grund, sich gegenüber Kiffern erkenntlich zu zeigen, gilt das Unternehmen doch einer aktuellen Umfrage zufolge in dieser Kundengruppe mit weitem Abstand als die beliebteste Fast-Food-Kette. Daraus neue Geschäftsideen abzuleiten ist allerdings unmöglich, solange die meisten Staaten einer antiquierten Rechtsvorstellung folgen, die den Konsum von Cannabis kriminalisiert. Allzu lange dürfte diese Blockade aber nicht mehr Bestand haben. Die Erkenntnis, daß ein Staat heutzutage nur noch regiert werden kann, wenn die Bevölkerung unentwegt bekifft ist, setzt sich unter Politikern immer weiter durch. Was derzeit noch verboten ist, dürfte daher schon bald staatlich gefördert werden. Man wird um McDonald’s und Co. nicht herumkommen, wenn man den Cannabiskonsum vom immer noch recht elitären Freizeitspaß zum Massenphänomen reifen lassen will.