© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/19 / 22. November 2019

Was die römische Kirche in Amazonien lernen kann
Der Regenwald als theologischer Ort
(dg)

Vom 6. bis zum 27. Oktober tagte im Vatikan die „Amazonas-Synode“. Bischöfe, vor allem aus Südamerika, Vertreter indigener Völker sowie Theologen berieten darüber, wie sich die „religiöse und spirituelle Vielfalt“ Amazoniens, einer Region so groß wie EU-Europa zuzüglich Ukraine, Weißrußland und Türkei, als „kulturelle Reserve“ für die katholische Kirche nutzen lasse. Lernen, so ein Fazit der Synode, könne sie vor allem die multikulturelle Lektion, was „Einheit in Vielheit“ bedeute, und welche Anstrengungen Christen zu unternehmen hätten, um einen ökologisch „entscheidenden Ort für das Überleben der Menschheit“ vor weiteren neokolonialen Zerstörungen zu bewahren, zu denen auch die durch Binnenmigration verursachte „soziale Destabilisierung amazonischer Gemeinschaften“ gehöre. Als „theologischen Ort“, so meinen die in Lima lehrende Fundamentaltheologin Birgit Weiler und Gerhard Kruip, Mainzer Professor für christliche Anthropologie, habe die Synode Amazonien gerade rechtzeitig entdeckt, um angesichts des versagenden neoliberalen Wirtschaftsmodells sich vom Widerstand und vom Mut vieler Christen anstecken zu lassen, die an der Seite der „ursprünglichen Völker“ gegen die Mensch und Natur ausbeutenden Verheerungen der Globalisierung kämpfen – wobei sie dem aus indigenen Kulturen übernommenen, dem Christentum nie fremden Konzept „Gut Leben“ folgen. Es lehre, daß Glück und Wohlstand nicht allein vom materiellen Konsum abhingen. Scheitern würden daher auch grüne, auf effizientere Technik setzende Wachstumsvisionen, solange materialistische Werte westliche Lebensweisen beherrschten (Herder Korrespondenz, 10/2019). 


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